Fassade 1/2018

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titelthema | Sonnenschutz an der Fassade
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und Thapan [2] wird dieses phänome-
nologische Ergebnis auf eine physiologische
Basis gestellt. Beide Wissenschaftlergruppen
haben etwa zeitgleich ein auf blaues Licht
ansprechendes Rezeptorsystem im mensch-
lichen Auge entdeckt, das im Zusammen-
hang mit der Produktion des Hormons Me-
latonin steht. Das Maximum des wellenlän-
genabhängigen Empfindlichkeitsspektrums
liegt bei ca. 460 nm im Blauen und entspricht
so dem Bereich der maximalen Transmission
eingedunkelter elektrochromer Verglasung.
Anders ausgedrückt: Die blaue Einfärbung
der Verglasung ist ein optimaler Sonnen-
schutz und trägt darüber hinaus zur Steige-
rung derVitalität der Raumnutzer bei. „Licht
ist beim Bauen das Thema der Zukunft“ so
Prof. Ulrich Sieberath, Leiter des ift Rosen-
heim, in einem Interview.[3]
Bei allen angebotenen Verglasungen wird
die Blendwirkung der Sonne reduziert,
aber nicht gänzlich eliminiert. Daher kön-
nen auch mit einer elektrochromen Vergla-
sung alleine die Anforderungen der EU-
Bildschirmrichtline[4] und der Arbeitsstät-
tenverordnung [5] nicht voll erfüllt werden.
Im Einzelfall und je nach Raumsituation ist
ein zusätzlicher innenliegender Sicht- oder
Blendschutz zu empfehlen. Die aktuelle
Arbeitsstättenverordnung erhebt die For-
derung nach individueller Anpassung des
Tageslichteinfalls. Mittels elektrochromer
Verglasung, auch aufgrund der zuvor an-
gesprochenen qualitativen Merkmale, wird
dies in idealer Weise erfüllt.
Vorteile und
Gestaltungsmöglichkeiten
Bedingt durch den Isolierglasaufbau elektro­
chromerVerglasungen entsprechen auch die
U-Werte dem neuesten technischen Ni-
veau. Das Baukastenprinzip erlaubt zudem
Kombinationen mit weiteren Eigenschaften,
wie zum Beispiel Absturzsicherheit, Schall-
schutz oder Betretbarkeit. Auch sind fast al-
le Modellformen möglich. Dimmbare Gläser
sind in alle gängigen Profilsysteme einbau-
bar. Die Vorteile dieser Verglasungen kom-
men besonders in Kombination mit natür-
licher Lüftung und Nachtauskühlung zum
Tragen.
Ausblick und Fazit
Mittlerweile sind in Europa drei Anbieter
von dimmbaren Verglasungen etabliert. Ne-
ben dem europäsichen Hersteller ECon-
trol-Glas mit Sitz in Plauen kommt auch
in den USA gefertiges Isolierglas von Sage-
Glass und VIEW Inc. auf den europäischen
Markt. In den USA wurden bislang mehr
als 1 Mrd. US$ in den Aufbau neuer Ferti-
gungskapazitäten investiert. Auch in Süd-
ostasien werden umfangreiche Fertigungs-
kapaziäten aufgebaut. Mit der Kinestral/
Foxconn Partnerschaft in Taiwan kommt ein
vierter Anbieter im Laufe dieses Jahres da-
zu. Elektrochrome Verglasung wird somit
zu einem entscheidenden Innovationsfak-
tor intelligenter, moderner Fassadentechno-
logie. Wir stehen am Anfang einer gänzlich
neuen Generation von Verglasungen in der
Fassade 4.0.
Dr. rer. nat. habil
Hartmut Wittkopf
ist Gründer und Senior Consultant bei EControl-
Glas (Plauen).
Manfred Dittmar
ist Gründer und Leiter Vertrieb bei EControl-Glas
(Plauen).
Literatur
[1] H. Wittkopf, M. Dittmar: Variable Sonnen-
schutzgläser – von den Grundlagen zur Praxis in
Glasbau 2012, B. Weller, S. Tasche (Hrsg); Verlag
Ernst & Sohn, S.279 ff.
[2] G.C. Brainard .: Action Spectrum for Me-
latonin Regulation in Humans: Evidence for a
Novel Cirdadian Photoreceptor. J. of Neurosci.
2001, 21(16), pp. 6405-6412
K. Thapan et. al.: An action spectrum for mela-
tonin suppression: evidence for a novel non-rod,
non-cone photoreceptor system in humans. J. of
Physiology 2001, 535(1), pp. 261-267
[3] GFF 12/2017, S. 66-67
[4] 68. Richtlinie 90/270/EWG des Rates vom
29. Mai 1990 über die Mindestvorschriften be-
züglich Sicherheit und Arbeitsschutz bei der Ar-
beit an Bildschirmgeräten, EU Dok. Nr.3 1990 L
0270
[5] Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) vom
12.August 2004, BGBL I S. 2279 und Änderung
vom 30. November 2016, BGBL I S. 2681
Bild 3: Funktionsprinzip elektrochromer Verglasungen.