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glas+rahmen

12.17

technik

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technik

fachveranstaltung

ner Ausführung geben, so Olbertz: „Für Glas sehen wir

einen ganz großen Markt.“

Aktuelles aus der Glasforschung

Prof. Dr.-Ing. Jens Schneider von der TU Darmstadt in-

formierte über neue Erkenntnisse der Forschung und

legte dabei den Fokus unter anderem auf die Berechnung

des Bruchverhaltens von Verbundsicherheitsglas mit der

Finite-Elemente-Methode. Schneider: „Beim Vergleich

von Experiment und Simu-

lation sind die Simulationen

schon recht nah an den Er-

gebnissen von realen Expe-

rimenten.“ Darüber hinaus

widmete sich der Glasspezia-

list demThema Dünnglas und

zeigte mögliche Anwendun-

gen in der Architektur auf.

So ließen sich beispielsweise

Kaltverformungen mit Dünn-

gläsern einfacher realisieren.

Als Anwendungsmöglichkei-

ten führte er auch laminatge-

bundene Gläser, Mehrfach-

Isoliergläser mit sehr dünnen

Innengläsern und Leichtglas-

Produkte in VSG an. Aktuell

beschäftigt sich Schneider mit

der Frage, wie man bei Dünngläsern die Biegezugfestig-

keit untersuchen kann.

Dipl.-Ing. Steffen Müller-Braun von der TU Darm-

stadt widmete sich der Kantenfestigkeit von Floatglas

und den Fragen, welche Merkmale Kanten aufweisen

und wie die Kantenfestigkeit normativ geregelt wird. Er

stellte Ergebnisse von Untersuchungen vor, bei denen

die Kantenfestigkeiten von verschiedenen Kantenbear-

beitungsgraden und unterschiedlichen Herstellern ge-

prüft wurden (geschnittene Kante, gesäumte Kante). Ein

Ergebnis: Es gab bei besäumten Kanten deutliche Un-

terschiede bei den Herstellern. Ein weiterer Themen-

schwerpunkt seines Vortrags waren die optischen Merk-

male von Glaskanten. Bei mikroskopischen Untersu-

chungen habe sich herausgestellt, dass das optische Er-

scheinungsbild keinen Aufschluss über die Festigkeit der

Kante gebe, erklärte Müller-Braun.

Verschweissen von Glas

Lisa Rammig vom Ingenieurbüro EOC Engineers

(Eckersley O’Callaghan) gab einen Einblick in die neu-

esten Erkenntnisse zum Thema Glasverklebung. Beim

Verkleben mit Silikon erziele man nicht die gewünsch-

te Transparenz, darum arbeite man aktuell an der Ver-

schmelzung von Glas. Versuche mit Borosilikatglas lau-

fen bereits. Dabei wird das Glas auf 1.200 bis 1.400 Grad

erhitzt und zusammengefügt. Aktuell stehe man vor der

Frage, ob das manuelle Schweißen der richtige Weg sei,

oder ob man Laser verwenden könne. Ein Ziel der For-

schung ist, z.B. Treppenstufen undWangen aus Glas mit-

einander zu verschweißen, um so maximale Transparenz

zu erzielen. Prof. Dr.-Ing. Markus Feldmann vom Lehr-

stuhl für Stahlbau der RWTH Aachen erläuterte den

aktuellen Stand beim Eurocode Glas, der künftig ein-

mal die Glasnorm DIN 18008 ablösen soll. Im Rahmen

seiner Ausführungen erklärte er mit Blick auf die ver-

schiedensten internationalen Interessen, die Deutschen

hätten zwar einen gewichtigen Stand in dem Gremium

„aber wir werden die DIN 18008 nicht kopieren können.

Die Norm ist einfach zu deutsch.“ Kompromisse seien

unausweichlich.

Innovative Fassadentechnologie

Prof. i.r. Rob Nijsse von der TU Delft stellte das Projekt

des Chanel-Gebäudes in Amsterdam vor, bei dem die Fas-

sade aus 7.000 gegossenen Glassteinen hergestellt wurde.

Gegossenes Glas ist laut Nijsse ein sehr schwieriges Ma-

terial. Wenn der Abkühlprozess nach dem Gießen nicht

exakt ablaufe, explodiere das Glas förmlich. Darummuss-

ten die Steine in einem Spezialofen in drei Tagen von 800

auf 20 Grad Celsius kontrolliert runtergekühlt werden.

Dr.-Ing. Walter Haase vom Institut für Leichtbau, Ent-

werfen und Konstruieren der Uni Stuttgart zeigte Poten-

ziale strukturierter schaltbarer Verglasungen auf. Die

Fassade eines Testgebäudes wurde mit eigens entwickel-

ten Modulen bestückt, die man so programmiert hat,

dass ein Verschattungs-Spot der Sonne hinterher läuft.

Ziel der Forschung ist, Blendungen im Innenraum zu

vermeiden. Das sei mit dem Versuchsaufbau auch ge-

lungen. Man könne mit den Spots genau die Bereiche

verschatten, an denen sich die Menschen im Raum be-

wegen, erklärte Haase und berichtete, dass seit Anfang

des Jahres ein gefördertes Projekt laufe, bei dem adapti-

ve Hüllen und Strukturen entwickelt und getestet wer-

den sollen.

Dipl.-Ing. Architekt Andreas Bittis, Marktmanager

Fassade und Projektgeschäft bei Saint-Gobain, zeig-

te unter der Themenklammer „Medienfassaden – vom

Billboard zur urbanen Kinoleinwand“ auf, wie man wie

man durch Digitaldruck oder den Einsatz von Gussglas

ganz individuelle Glas-Welten erzeugen kann. Das wer-

de auch häufig von Bauherren gewünscht, denn durch

die Internationalisierung und Digitalisierung der Bau-

prozesse habe man - von Ausnahmen abgesehen - weit-

gehend gleich aussehende Fassaden in der ganzen Welt.

An Beispielen aus der Praxis zeigte Bittis, wie durch Pro-

jektion oder den Einsatz von LED-Technologie „großes

Kino“ gemacht werden kann. Dabei gehe es nicht um glä-

serne Plakatwände, sondern um Medienfassaden.

jüv

Mehr Bilder unter

www.glas-rahmen.de/Foto&

Video

„Es ist erstaunlich,

was wir immer wieder

an Entwicklungen

sehen können, wenn

sich Spezialisten und

Anwender der Glasbau-

branche treffen zu den

Thementagen treffen.

Gerade wenn man

denkt, man hat das

Maximum erreicht, kommt doch wieder jemand

mit einer neuen, beeindruckenden Idee – und

realisiert diese dann auch noch. Die Themen­

tage Glas sind eine absolut empfehlenswerte

Veranstaltung“, kommentiert Professor Dr.-Ing.

Ulrich Knaack von der TU Darmstadt.

Prof. i.r. Rob Nijsse,

von der TU Delft

(2.v.r.) beeindruckte

mit seinem Bericht

über die Entstehung

der Glassteinfassade

von Chanel in Amster-

dam. Die 7.000 be­

nötigten Vollglassteine

wurden gegossen

und vor Ort verklebt.

Fotos: © Vössing