glas+rahmen
07.17
titel
19
titel
isolierglas
elstner:
Die Herausforderung liegt sicherlich darin,
alle diese Funktionen gleichzeitig und ohne Nachteile
oder Beschränkungen für den Kunden zu erfüllen.
g+r:
Gibt es bezüglich der technischen Parameter aktu-
ell einen Trend im Markt, also ein Leistungsmerkmal, an
dem alle Marktteilnehmer besonders intensiv arbeiten?
elstner:
Derzeit gibt es neben der Entwicklung zahl-
reicher aktiver Gläser, also Gläser, deren Funktionen
sich mit Hilfe von Strom verändern lassen, auch die
deutliche Tendenz der zunehmenden Glasgrößen, mit
dem gleichzeitigen Ziel, möglichst viele bauphysikali-
sche Funktionen der Gebäudehülle in den transparenten
Baustoff Glas zu integrieren. So werden elektrochrome
Gläser, mit denen sich der g-Wert steuern lässt, in einer
größeren Menge und auch größeren Abmessungen zum
Einsatz kommen. Es fehlt hier aber noch die Akzeptanz
und das Vertrauen seitens der Planer und Bauherren be-
züglich der Dauerhaftigkeit dieser Produkte. Auch hier
wird die Industrie noch verbesserte Lösungen anbieten,
um eine ganzheitliche Planung zu gewährleisten, also
die Fassadenplanung und Elektroplanung in Einklang
zu bringen.
g+r:
Welche Entwicklung zeichnet sich beim Randver-
bund ab? Kann die Warme Kante noch weiter optimiert
werden?
elstner:
Sicher wird es weitere Verbesserungen und
neue Produkte geben. Ob diese Produkte dann eine so
deutliche Verbesserung der Wärmedämmung von Fens-
tern und Fassaden darstellen, wird sich zeigen. Es wird
zunehmend auch die Verarbeitbarkeit, die Stabilität in
großen Scheibenformaten und auch die Optik des Ab-
standhalters eine noch deutlichere Rolle spielen als das
heute der Fall ist.
g+r:
Gibt es ganz neue Produktmerkmale, wie beispiels-
weise Verschattung, Entspiegelung oder Illumination, für
die Sie einen Zukunftsmarkt sehen?
elstner:
Diese Produkte gibt es teilweise bereits.
Schichten, die die Lichtreflexion verringern oder Me-
dienfassaden zur Übermittlung von Nachrichten und
Informationen werden bereits heute eingesetzt und im
Mehrscheiben-Isolierglas (MIG) mit anderen Funktio-
nen, wie Schallschutz, Sonnenschutz, Wärmedämmung,
aber auch zur Erfüllung anderer Funktionen, wie zum
Beispiel dem Brandschutz, kombiniert. Im MIG integ-
rierte Systeme zum Sonnen- und Blendschutz werden
seit Jahren erfolgreich eingesetzt. Diese Produkte wer-
den von Herstellern nun auch als Trennwände mit der
zusätzlichen Erfüllung des Brandschutzes eingesetzt.
g+r:
Seit einigen Jahren gibt es immer wieder For-
schungsprojekte im Bereich der Vakuum-Isoliergläser. Wie
bewerten Sie diese Technologie? Hat sie aus Ihrer Sicht -
vorausgesetzt sie erreicht die Marktreife - überhaupt eine
Chance, sich im umkämpften deutschen Markt bei klassi-
schen Bauverglasungen durchzusetzen?
elstner:
Diese Produkte sind bereits verfügbar, auch
wenn noch einige Hausaufgaben zu machen sind. Vaku-
um-MIG wird das konventionelle MIG sicher nicht er-
setzen, aber beispielsweise bei begrenzter Systembrei-
te um die MIG mit herkömmlichen Glasdicken, seinen
Einsatzzweck finden. Auch die Kombination als Drei-
fach-MIGmit einer Scheibe als VakuumMIG kann sinn-
voll sein.
g+r:
Ein Blick in die Zukunft. Wie sieht aus Ihrer Sicht
ein ideales Funktions-Isolierglas aus, das in 20 Jahren den
Leistungsstand markiert?
elstner:
Das ist schwierig zu prognostizieren. Viel-
leicht gar nicht so viel anders als heute. Es werden wei-
terhin Sonnen- undWärmedämmschichten zum Einsatz
kommen, um die wesentlichen Eigenschaften von MIG
erfüllen zu können. Wahrscheinlich werden die Ele-
mente filigraner, ggf. wird auch die Anzahl der Scheiben
noch einmal erhöht. Wichtiger wird, das ist bereits heu-
te zu spüren, der Einsatz von Sicherheitsglas, sei es zum
Personenschutz oder auch zur Einbruchhemmung. Der
Anteil aktiver Gläser, vor allem im exklusiveren Fassa-
densektor, wird mit verbesserten Lösungen zunehmen.
Sicher ist: Glas wird auch künftig der einzige transparen-
te Baustoff sein, der nahezu alle bauphysikalischen Er-
fordernisse in der Gebäudehülle erfüllen kann.
„Es werden weiter
hin Sonnen- und
Wärmedämmschich
ten zum Einsatz
kommen, um die
wesentlichen Eigen
schaften von MIG
erfüllen zu können.
Wahrscheinlich wer
den die Elemente
filigraner, ggf. wird
auch die Anzahl
der Scheiben noch
einmal erhöht.
Wichtiger wird, das
ist bereits heute zu
spüren, der Einsatz
von Sicherheitsglas.“
Michael Elstner
l.: Jahrhundert-Projekt:
Jede der teils geboge
nen Scheiben der Ham
burger Elbphilharmonie
ist mit dem chrom
basierten Mehrfach
schichtsystem ipachrome
design von AGC Inter
pane beschichtet. Mit
einer Lichtreflexion von
über 50 Prozent und
einem Transmissions
grad von nur vier Pro
zent ist die Beschich
tung so hoch reflektie
rend wie ein Silber
spiegel, aber wesentlich
belastbarer. Teils wurde
das von Interpane
Plattling beschichtete
Fassadenglas auch zu
Isolierglas verarbeitet.
Foto: © AGC Interpane