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glas+rahmen

05.18

technik

26

technik

betriebsführung

g+r:

Herr Engelhardt, was ist eigentlich der Kern der di-

gitalen Transformation?

engelhardt:

Digitale Transformation bedeutet, dass

sich ein Unternehmen meist grundlegend ändert. Im

Zusammenhang mit der Digitalisierung der Wirtschaft

wird oft der Begriff „Disruption“ verwendet. Disrupti-

on, aus dem Englischen abgeleitet, bedeutet „Zerstö-

rung“, „Unterbrechung“ und beschreibt Vorgänge, die

bestehende Dienstleistungen, Geschäftsmodelle, Pro-

dukte, Technologien etc. grundlegend verändern. Das

heißt, im Gegensatz zu Innovationen, die es seit langem

gibt, lösen disruptive Neuerungen Bestehendes teilweise

oder vollständig ab, „zerstören“ dieses also. Zur digitalen

Transformation gehören, je nachdem, wie ein Unterneh-

men ausgerichtet ist, unterschiedliche digitale Systeme

wie CRM, also Customer Relation Management-System,

Softwarelösungen zur funktionsbereichsübergreifenden

Unterstützung sämtlicher in einemUnternehmen ablau-

fenden Geschäftsprozesse, genannt ERP, Enterprise Re-

source Planning, aber auch Ansteuerungssysteme von

Maschinen, Versand und Logistik. Alle Prozesse entlang

der Wertschöpfungskette sind hier zu betrachten.

g+r:

Wie weit ist Ihrer Meinung nach die Glasbranche

mit der Digitalisierung?

engelhardt:

Seit zwanzig Jahren kenne ich die Bau-

und insbesondere die Glasbranche und weiß, dass die-

Mut zum digitalen Wandel

bei manchem Unternehmer geht die Angst um, bei der digitalen

Transformation den Anschluss zu verpassen. Ganz unbegründet ist

das laut Carsten Engelhardt, Gründer von develop+, nicht. Glas+

Rahmen sprach mit dem Unternehmensberater für betriebliche Verän-

derungsprozesse über die aktuelle Situation in der Glasbranche.

Christian Engelhardt

kommt aus der Glas-

branche und begleitet

als Unternehmensbera-

ter Unternehmen bei

der digitalen Transfor-

mation.

se traditionell eher zurückhaltend neuen Themen gegen-

über ist. Die Heizungs-, Lüftungs- und Regelungstechnik

und viele andere sind weiter im Bereich Digitalisierung,

die Big Player am Markt ebenfalls. Durch die Vernet-

zung der Glasbranche mit anderen Gewerken können

sich die Unternehmen dem Thema gar nicht mehr ent-

ziehen. Beim Thema elektronische Verschattungen von

Gebäudeöffnungen ist die Kooperation unterschiedlicher

Gewerken erforderlich. Allerdings: Wenn die Auftrags-

bücher voll sind, ist der Antrieb, Veränderungsprozesse

im Unternehmen anzustoßen, eher schwach. Aber je län-

ger Unternehmen die Digitalisierung vor sich herschie-

ben, desto größer ist die Gefahr, aus demMarkt gedrängt

zu werden.

g+r:

Welche Möglichkeiten haben mittelständische Un-

ternehmen der Glasbranche, sich diesen Herausforderun-

gen zu stellen?

engelhardt:

Verschiedene staatliche Förderprogram-

me des BMWI wie „Go digital“ und „Unternehmenswert

Mensch“ oder die „Potenzialberatung in NRW“ bieten die

Möglichkeit, für bestimmte Unternehmensgrößen bei-

spielsweise einen externen Berater in Teilen finanzieren

zu können. Dieser erarbeitet mit dem Geschäftsinhaber

eine Selbsteinschätzung: Wo stehe ich im Markt? Welche

möglichen Wettbewerbsnachteile habe ich, und welche

Investitionen sind notwendig? Diese und weitere Fragen

müssen geklärt werden. Im nächsten Schritt werden dann

Ziele, Maßnahmen und ein Zeitplan definiert sowie Teams

gebildet, die den Veränderungsprozess begleiten. Ein ein-

faches Beispiel: Ziel kann es zum Beispiel sein, dass Kun-

denkontakte, die in Form von Worddokumenten, Excel-

tabellen, Mailinglisten etc. an verschiedenen Stellen im

Unternehmen gespeichert sind, zentral in ein professio-

nelles CRM-System überführt werden. Dieses korrespon-

diert mit dem Auftragsabwicklungssystem – Auftragser-

stellung, -abwicklung und Rechnungsstellung geschehen

sozusagen auf Knopfdruck. Weitere Softwarelösungen für

andere Geschäftsprozesse können ebenso definiert wer-

den. Der Berater begleitet diesen Veränderungsprozess

kontinuierlich und steht auch bei möglichen Konflikten

mit Mitarbeitern und Führungskräften zur Seite.

Foto: © develop+

Carsten Engelhardt ist gelernter Industriemechaniker,

hat ein BWL-Studium mit Abschluss Diplom-Kaufmann,

Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik, Personal und Or-

ganisation, absolviert und ein Kurzstudium zum Digital

Transformation Consultant abgeschlossen. Engelhardt

war knapp zwanzig Jahre in der Glasbranche tätig, un-

ter anderem als Geschäftsführer mehrerer mittelstän-

discher Glasverarbeitungsunternehmen. In diesem Jahr

hat er sein Unternehmen develop+ gegründet und be-

gleitet als Unternehmensberater für betriebliche Verän-

derungsprozesse mittelständische Unternehmen, ins-

besondere auch beim Thema digitale Transformation.

über develop+

„Je länger Unter-

nehmen die Digitali-

sierung vor sich her-

schieben, desto grö-

ßer ist die Gefahr,

aus dem Markt ge-

drängt zu werden.“

Christian Engelhardt