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FASSADE 5/2018
TECHNIK
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Fassaden der Zukunft
2030
2050
2020
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich
im Mauerwerksbau einiges getan. Durch die
Gesetzgebung hat sich die Innengeometrie
des Mauerwerks geändert. Ästhetisch ver-
änderte sich das Mauerwerk, da die Arbeit
teurer wurde. Dies führte dazu, dass sich die
ästhetische Nuancierung von dem mit den
Steinen erzeugten Muster zu den Steinen
selbst verlagerte. Wie die Fassaden in Zu-
kunft aussehen werden, hängt von vielen
Dingen und sicherlich auch von der Kreati-
vität der Architekten und der Gesetzgebung
ab. Es gibt viele verschiedene Technologien
im 3D-Druck und nicht alle Formen können
mit jeder Technologie gedruckt werden. Das
Institut für Statik und Konstruktion an der
TU Darmstadt hat als eines der ersten be-
gonnen, keramische Bauteile mit einer Ex-
trusionstechnologie in 3D zu drucken. Ziel
des Projektes ist es, die Möglichkeiten einer
vollautomatischen Materialbeschichtungs-
technologie aufzuzeigen.
Alle 3D-Druckverfahren bauen die Teile aus
einzelnen Lagen auf. Dadurch kann die Au-
ßengeometrie, aber auch die Innenseite des
Ziegels komplexer werden. Jeder gedruckte
Stein kann völlig unterschiedlich oder nur
an wenigen Stellen unterschiedlich sein.
Die Höhe der Differenzierung zwischen
den Steinen hat keinen wesentlichen Ein-
Freiformmauerwerk:
3D-Druck von Tonkeramik
für Freiformfassaden
fluss auf die Produktionskosten, da
keine Schalungen benötigt werden.
Im Vergleich zu anderen Materialien
ist Ton ein relativ neues Material für
den 3D-Druck und nur wenige 3D-
Drucktechnologien stehen zur Verfü-
gung. Die für Tonkeramiken einge-
setzte Extrusionstechnologie erlaubt
noch keinen Einsatz eines zusätzli-
chen Stützmaterials. Dies schränkt
die geometrische Freiheit ein, wird
aber durch den Einsatz eines zweiten
Extruders überwunden (siehe Bild 1).
Das Forschungsprojekt konzentriert
sich auf den Druckprozess, das Ma-
terial, die Materialeigenschaften und
die damit herstellbaren Produkte. Die Pro-
dukte, die hergestellt werden können, sind
Mauerwerk mit komplexen Formen, aber
auch Ziegel mit eingebetteten Rohren. Die
Hohlräume im Inneren des Mauerwerks-
steins können optimiert werden und auch
die Stabilität kann angepasst werden. Diese
technischen Lösungen können helfen, eine
bessere Performance der Fassade zu erhal-
ten, sind aber weniger sichtbar imVergleich
zu Ziegel mit komplexen Außengeometrien.
Im vergangenen Jahr wurde ein erstes Mo-
dell aus Klinker und 3D-gedruckten Ziegeln
gebaut. Die 3D-gedruckten Steine befinden
sich an einer Ecke eines imaginären Gebäu-
des. Die Farbe der Steine unterscheidet sich
absichtlich, kann aber auch die gleiche sein
wie die der genormten Extrusionsklinker
(siehe Bild 2).
Wann die Ziegel in der gebauten Umge-
bung eingesetzt werden können und wie
sie genau aussehen, ist noch nicht klar. Zu-
nächst ist zwischen ästhetischen und selbst-
tragenden Ziegeln und Mauerwerk zu un-
terscheiden. Für die letzte Kategorie muss
die strukturelle Integrität gewährleistet sein.
Der Prozess der Teilezertifizierung für die
additive Fertigung ist für viele Materiali-
en im Gange. Da die Verarbeitung von Ton-
keramik für Bauteile neu ist, befindet sich
diese noch in der Anfangsphase. Wie die
3D-Druckprodukte aussehen, hängt von
den Designern und Ingenieuren ab, aber
ästhetische Produkte scheinen in kleinen
Serien hergestellt zu werden und werden
daher am meisten von einem Additiv-Fer-
tigungsprozess profitieren. Technische Lö-
sungen, die in Mauerwerk eingebettet sind,
sollen in großen Serien hergestellt werden
und sollen somit „wirtschaftlich realisier-
bare Produkte“ sein. Produkte, die nicht mit
herkömmlichen Produktionsverfahren kon-
kurrieren müssen, die sehr speziell sind, die
nicht über das gesamte Gebäude eingesetzt
werden und die mit keiner anderen Pro-
duktionstechnologie herstellbar sind, kön-
nen gedruckt werden. Dennoch werden für
dieses Forschungsprojekt derzeit die techni-
schen Fassadenteile – zum Beispiel größere
Verkleidungselemente – und die Teile mit
innerer optimierter Geometrie gedruckt. Es
gibt viele Möglichkeiten und die ersten gro-
ßen Objekte werden Anfang 2019 erwartet.
Weitere Informationen bei Dennis de Witte,
Technische Universität Darmstadt (Institut
für Statik und Konstruktion, ISM+D) unter
dewitte@ismd.tu-darmstadt.deAbb. (2):
© Dennis de Witte
Neue Verarbeitungstechnologien können die Art und die Möglichkeiten der Produkt-Herstellung
ändern. Der 3D-Druck – auch Additive Manufacturing genannt – ist eine dieser neuen
Produktionstechnologien. In den 80er Jahren wurden die ersten Experimente mit dem 3D-Druck
durchgeführt, aber erst in den letzten Jahren wird die Technologie von der Bauindustrie beachtet.
Bild 1: 3D-Druck unter Einsatz eines zweiten
Extruders.
Bild 2: 3D-gedruckter Klinker.