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Fotografie ist nicht so mein Ding. Weder lasse ich mich gerne fotografieren, noch

schwinge ich gerne die Kamera. In beiden Fällen hat das ohne Frage mit mangelndem

Talent zu tun. Werde ich fotografiert, gucke ich konsequent in die falsche Richtung.

Mache ich selbst Bilder, fehlt stets ein wichtiger Ausschnitt. Dann hat zum Beispiel

der Referent auf dem Podium leider keine Beine oder der geschätzten Schulfreundin

fehlt das rechte Ohr. Ganz besonders schlecht bin ich im „Atmosphäre schaffen“ für

Fotos. Ich käme nie auf die Idee mich zu fragen, ob der gerade vorhandene Hinter-

grund wirklich schön ist oder ob sich nicht ein Standortwechsel optisch vielleicht aus-

zahlen könnte.

Grundsätzlich glaube ich, dass ich mit mei-

nem fotografischen Unvermögen nicht alleine

bin. Dennoch habe ich in der letzten Zeit das

Gefühl, dass das Fotografieren an sich für je-

dermann das Maß aller Dinge zu sein scheint.

Warum? Weil die Leute meinen Beobachtun-

gen nach nichts anderes mehr machen. Ich

wage an diese Stelle zu behaupten, dass da-

durch nicht Millionen von fantastischen Fotos

entstehen, sondern Tonnen von überflüssigem

Datenmüll.

Fangen wir mal bei meinem Job an. Natür-

lich brauchen Redakteure für ihre Berichter-

stattung Fotos. Die Frage ist nur, wie viele da

nötig sind. Ich persönlich habe noch nie 398

Motive innerhalb eines Artikels gedruckt. Und

ich bin felsenfest überzeugt, dass das andere

Redakteure auch nicht machen. Wozu muss

man dann das Umfeld ununterbrochen mit-

tels Blitz erhellen? Noch viel schlimmer finde

ich jedoch das dauerhafte Fotografieren oder auch die permanenten Filmereien im

Freizeit-Bereich. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal in ei-

nem Restaurant gesessen habe, in dem nicht irgendein Tellerchen zwecks Ablichtung

ins rechte Licht gerückt wurde. Gewundert habe ich mich auch über Menschen, die

sich mit ihrem gerade gekauften Eis selbst verewigt haben, anstatt es einfach zu es-

sen. Kann ich über solche Situationen zumTeil noch lächeln, macht es mich hingegen

latent aggressiv, wenn Eltern offensichtlich nicht ohne Kamera mit ihren Kindern un-

terwegs sein können. Jede Kleinigkeit wird mittels Handy festgehalten. Natürlich ist

es rührend, wenn man die ersten Schritte eines Kindes filmt. Aber wie kann man bitte

auf die Idee kommen, im Spaßbad mit einem Spritzschutz fürs Handy am Ende der

Turbo-Rutsche darauf zu warten, bis das eigene Kind angesaust kommt? Ich glaube,

dass das Mitrutschen definitiv das nachhaltigere Erlebnis wäre.

Vergleichbar unnötig finde ich selbstgedrehte Videos, die einen noch in 20 Jahren

daran erinnern, wie schön die Schiffs-Crew mit der Eisbombe einmarschiert ist oder

aber, wie lautstark sich die Nachbarn vor ein paar Jahren mal über den Gartenzaun

hinweg angebrüllt haben. Ganz besonders traurig finde ich auch das Aufnehmen ei-

nes Feuerwerkes, was man – anstatt es mit den eigenen Augen zu genießen – lieber

durch die Handylinse anschaut und filmt.

Natürlich will ich nicht zurück in die guten alten Zeiten, in denen man sich noch

ganz genau überlegen musste, welche Motive auf dem 36er-Film festgehalten wer-

den sollten. Aber wäre so ein Mittelding nicht wünschenswert? Zumindest ein grobes

Selektieren zwischen wichtig und absolut überflüssig sollte doch machbar sein. Viel-

leicht gibt das dann den Blick wieder frei auf die wichtigen Dinge und es entstehen

Bilder und Videos, die man tatsächlich irgendwann nochmal braucht oder sich wirk-

lich mit Freude ansieht.

Beste Grüße

Maren Meyerling

m.meyerling@verlagsanstalt-handwerk.de

Bitte recht freundlich

Editorial

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