Markt
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RTS-Magazin 6/2017
Führung wird im digitalen Zeitalter immer
wichtiger – denn je instabiler sowie vonVer-
änderung geprägter das Umfeld der Unter-
nehmen ist, umso mehr sehnen sich ihre
Mitarbeiter nach Halt und Orientierung.
Aktuell verändert sich in den Unterneh-
men aufgrund der sogenannten digitalen
Transformation sehr viel, doch eines verän-
dert sich nicht: der „Mensch Mitarbeiter“.
Er wünscht sich weiterhin Halt und Orien-
tierung – und zwar umso mehr je instabiler
sowie von Veränderung geprägter das Um-
feld der Unternehmen ist.
Digital ist egal: Führung entscheidet
tenz vertrauen – auch weil sie aufgrund der
Komplexität der Aufgaben und weil viele
Herausforderungen neu sind, immer sel-
tener einen Wissens- und Erfahrungsvor-
sprung vor ihren Mitarbeitern haben. Des-
halb können sie ihnen auch seltener sagen
„Tue dies und tue das, dann haben wir Er-
folg“. Sie müssen vielmehr mit ihnen kleine
Versuchsballons starten und dann im Pro-
zess ermitteln, was zielführend ist.
Beziehungsmanager
Wie ist in einem solchen Umfeld erfolg-
reiche Führung möglich? Der einzige Lö-
sungsweg ist: Die Führungskräfte müssen
sich als Beziehungsmanager verstehen. Au-
ßerdem als emotionale Leader, deren Auf-
gabe es ist, ihre Mitarbeiter zu inspirieren,
so dass diese sich freiwillig für das Erreichen
der gemeinsamen Ziele engagieren.
Das haben viele Führungskräfte in der
Vergangenheit schon getan, jedoch meist
nur bezogen auf die ihnen unmittelbar un-
terstellten Mitarbeiter. In den Unterneh-
men der Zukunft (und in vielen High-Per-
formance-Unternehmen bereits heute) sind
ihre Bereiche jedoch eng mit den anderen
Bereichen verwoben – außerdem mit der
Umwelt. Auch weil die meisten Unterneh-
men heute eine Vielzahl externer Dienst-
leister beschäftigen, die für sie wichtige Tei-
laufgaben erledigen. Und diese verfügen oft
über Kompetenzen, ohne die ihre Auftrag-
geber nicht marktfähig wären. Also gilt es
auch diese Dienstleister zu integrieren und
zu führen.
Die Führungskräfte müssen also ein im-
mer komplexeres Netzwerk führen – auch
weil die Belegschaften und Beziehungsnetz-
werke in den Unternehmen stets heteroge-
ner werden: „digital natives“ müssen mit
„digital immigrants“ kooperieren, Westeu-
ropäer mit Chinesen, festangestellte Mit-
arbeiter mit Freelancern, reiche Erben, die
primär Erfüllung im Job suchen, mit jun-
gen Familienvätern, die Karriere machen
möchten, damit sie ihre Eigenheim-Kredite
schnell abbezahlen können. Und all diese
Individuen soll die arme Führungskraft füh-
ren und inspirieren – und zwar in einem
Umfeld, das von permanenter Veränderung
geprägt ist und in dem letztlich niemand
weiß, was die Zukunft bringt.
Neue Kompetenzen
Das setzt eine Vielzahl teils neuer Fähigkei-
ten voraus. Das Fähigkeitenbündel, über das
eine erfolgreiche Führungskraft künftig ver-
fügen muss, hat das IFIDZ in einer mit dem
F.A.Z.-Institut durchgeführten Studie mit
dem Begriff „Alpha Intelligence“ belegt, da
es aus seiner Warte die Alpha-Tiere der Zu-
kunft auszeichnet – also die Personen in den
Unternehmen, denen andere Menschen
aufgrund ihrer Persönlichkeit und Kompe-
tenz gerne folgen.
Drei Kompetenzbereiche lassen sich
hierbei unterscheiden. Der Erste ist die so-
genannte Persönlichkeitsintelligenz. Er um-
fasst primär die Ebene des eigenen Selbst-
verständnisses. Dieses ist bei einer alpha-
intelligenten Persönlichkeit dadurch ge-
prägt, dass sie keinen Allmachts-Phantasien
huldigt, sondern sich als Lernender ver-
steht. Sie hinterfragt also ihr Verhalten und
dessen Wirkung und entwickelt sich als Per-
son weiter. Eng verknüpft damit sind solche
Eigenschaften wie Neugier und Bereitschaft
zur Veränderung sowie der Mut, die hier-
für nötigen Schritte zu ergreifen. Der zweite
Kompetenzbereich ist die Beziehungsintel-
ligenz. Er umfasst die Fähigkeiten, die zum
Auf- und Ausbau tragfähiger Beziehungen
erforderlich sind. Von zentraler Bedeutung
ist hierbei die Empathie – also das Einfüh-
lungsvermögen in andere Personen und
Konstellationen.
Emotionaler Leader
Der dritte Kompetenzbereich ist die Digi-
talintelligenz. Ein zentrales Element hiervon
ist der Zukunftsblick. Hierzu zählt neben ei-
nerVision, wohin der gemeinsame Weg füh-
ren soll, die Bereitschaft, die aus dem tech-
nischen Fortschritt sich ergebenden Chan-
cen aktiv zu nutzen. Das setzt neben einem
interdisziplinären Denken eine gewisse Di-
gitalkompetenz voraus, weil die moderne
Informations- und Kommunikationstech-
nologie meist der zentrale Veränderungs-
treiber ist. Diese Kompetenz zeigt sich pri-
mär darin, dass die betreffende Person sich
– alleine oder mit Expertenunterstützung –
ein fundiertes Urteil darüber bilden kann,
welche Chancen und Risiken sich aus dem
technischen Fortschritt ergeben und somit
entscheidungs- und handlungsfähig ist.
Führungskräfte, die über die genannten
Fähigkeiten verfügen, können sich zu den
emotionalen Leadern entwickeln, nach de-
nen sich Menschen in einem von Instabili-
tät undVeränderung geprägten Umfeld seh-
nen. Sie können sozusagen Persönlichkeits-
marken werden, denen ihre Mitarbeiter und
Netzwerkpartner aufgrund ihres Auftretens
undVerhaltens vertrauen.
Barbara Liebermeister
www.ifidz.deAnfang März erschien das neue Buch „Digital
ist egal: Mensch bleibt Mensch – Führung
entscheidet“.
Doch wer oder was kann dem „Mensch
Mitarbeiter“ dieses Gefühl vermitteln, wenn
im Unternehmen alles permanent auf dem
Prüfstand steht? Letztlich können dies nur
die Führungskräfte sein. Deshalb ist die
These nicht gewagt: Im digitalen Zeital-
ter wird Führung immer wichtiger – ge-
rade weil es im Unternehmenskontext sonst
nichts mehr gibt, worauf man als Mitarbei-
ter bauen und vertrauen kann.
Führung verändern
Zugleich muss und wird sich Führung je-
doch radikal verändern. Denn im digita-
len Zeitalter werden die für den Unterneh-
menserfolg relevanten Leistungen weitge-
hend von bereichs- und oft sogar unter-
nehmensübergreifenden Teams erbracht.
Deshalb haben die Führungskräfte selte-
ner einen uneingeschränkten Zugriff auf
ihre Mitarbeiter. Sie müssen zunehmend
auf deren Loyalität, Integrität und Kompe-
Gabal