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Technik

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ForumWintergärten 4/2017

Vor diesem Hintergrund ist ein direkter Ver-

gleich zwischen den beiden Produkten nach

den anerkannten Regeln der Technik kaum

möglich.

Die Herstellungsverfahren im

Einzelnen

Beim Coil Coating bzw. Bandbeschichtung

(Raffstorelamelle) werden die Aluminium-

Lamellen-Bänder im sogenannten Coil-

Coating-Verfahren gemäß ECCA (European

Coil Coating Association) oberflächen-

veredelt. Bei der Bandbeschichtung durch-

läuft das Aluminiumband in einer konti-

nuierlich arbeitenden Anlage nacheinander

alle Oberflächenbehandlungsstufen. Der

Auftrag des Flüssiglacks erfolgt über Wal-

zen. Die Dicke der Beschichtung beträgt

bei der Bandbeschichtung 25 bis 28 μm und

ist damit wesentlich geringer als bei der

Stückbeschichtung. Nach der Vorbehand-

lung wird die Grundierung beidseitig auf-

gebracht und eingebrannt. Bandbeschichte-

tes Aluminium hat den Vorteil, dass es nach

der Beschichtung noch verformt zu werden

kann (Raffstorelamelle).

Im Gegensatz zur Coil Coating Beschich-

tung handelt es sich bei der Stückbeschich-

tung bzw. Pulverbeschichtung (Strangpress­

profil) um eine Stücklackierung. Bei der

Pulverbeschichtung werden die Werkstü-

cke mit Pulverlack beschichtet. Die für die

Pulverbeschichtung verwendeten Pulver-

lacke bestehen aus trockenen Partikeln.

Farbe, Effekt, Glanz und Struktur der Pul-

verbeschichtung werden nicht durch das

Pulverbeschichten, sondern durch die Aus-

wahl des passenden Pulverlacks bestimmt.

Mit diesem Verfahren können in der Regel

alle RAL-, NCS-, Pantone- und sämtli-

che andere Sonderfarben pulverbeschichtet

werden.

Unterschiedliche Verbände -

unterschiedliche Regelwerke

Bei den Verbänden hinter den beiden

Beschichtungsverfahren handelt es sich um

unterschiedliche Organisationen mit unter-

schiedlichen Interessen. Hinter der Coil

Coating-Industrie steht die ECCA Gruppe

(European Coil Coating Association). Für

die industrielle Beschichtung von Alumi-

nium mit Pulverlack sind die Richtlinien der

GSB International maßgeblich. Jeder Ver-

band hat seine eigenen Qualitätsrichtlinien

für das eigene Herstellungsverfahren.

Ein Blick in die Richtlinie „VFF Merkblatt

AL.02“ des Verbands Fenster + Fassade,

welche für die visuelle Beurteilung von pul-

verbeschichteten

Aluminiumoberflächen

(Stranggepresstes Aluminium) maßgeblich

ist, lässt den Unterschied deutlich erkennen.

Hier wird nämlich ausdrücklich darauf hin-

gewiesen, dass in dieser Richtlinie bandbe-

schichtete Oberflächen (Coil-Coating) nicht

erfasst sind.

Auch hier wird schnell offensichtlich, dass

ein Vergleich zwischen den beiden Produk-

ten defacto zu keinem Ergebnis führt. Eine

gemeinsam erarbeitete Richtlinie hinsicht-

lich der Oberflächenbeschaffenheit wird es

auch in Zukunft von den beiden Verbänden

vermutlich eher nicht geben.

Welche Regelwerke im Zweifelsfalle

heranziehen?

Einige Hersteller haben bereits aus Eigen-

interesse - da bei ihren Produkten beide

Beschichtungsverfahren zum Einsatz kom-

men - auf diese Lücke im Regelwerk

reagiert und ihre eigenen Richtlinien ver-

öffentlicht. Für die Raffstorelamelle und

sonstige Einzelteile einer Sonnenschutz-

anlage gelten die Vorgaben der „Richtlinie

zur Beurteilung der Produkteigenschaften

von Raffstoren/Außenjalousien“. Diese wird

vom ITRS (Industrieverband Technische

Textilien – Rollladen – Sonnenschutz e.V.)

herausgegeben.

In dieser Richtlinie wird unter Ziffer 3.2.7

„Glanzunterschiede“ im Hinblick auf Farb­

unterschiede folgendermaßen hingewie-

sen:

– „Ursachen sind oft herstellungs- und

materialbedingt und dann nicht zu bean-

standen. Beispiel: Raffstorelamellen wer-

den aus bandbeschichtetem Aluminium

hergestellt, die Führungsschienen sind

aus Aluminium stranggepresst mit Pulver-

oder Nasslackbeschichtung. Vergleiche

können nur bei gleichem Herstellungsver-

fahren vorgenommen werden.“

Unter Ziffer 3.2.8 „Farbabweichungen“

werden ergänzend folgende Beispiele auf-

gezählt:

– „Bei Bandlackierungen gibt es keine RAL-

Farbtöne, diese sind nur angenähert (Ble-

che, rollgeformte Teile wie Lamellen oder

Blenden).“

– „Die Bauteilformgebung (z.B. der Lamel-

len) führt zu unterschiedlichen Farbein-

drücken.“

– „Diese Punkte stellen aus den in diesem

Abschnitt genannten Gründen den Stand

der Technik dar.“

Empfehlungen des Autors

Ein Farbtonunterschied zwischen bandbe-

schichteten Raffstorelamellen und angren-

zenden Bauteilen aus stranggepressten

Profilen oder aus Aluminium-Blech stellt

keinen Widerspruch zu den anerkann-

ten Regeln der Technik dar und kann nicht

beanstandet werden. RAL-Farbtöne können

bei bandbeschichteten Produkten zudem

nur annähend hergestellt werden.

Alle Beteiligten sollten daher im Vorfeld,

bevor der Soll-Zustand bei den Farben ver-

einbart wird, die gewünschten Oberflächen

gründlich überprüfen. Eine Auseinanderset-

zung mit der Thematik erst nach der Auf-

tragsvergabe sollte naturgemäß möglichst

vermieden werden.

Zur Vermeidung von inakzeptablen Farbun-

terschieden und Metamerie empfiehlt sich,

die Kombination von gleichen Farbtönen,

die unter unterschiedlichen Applikationsbe-

dingungen beschichtet werden bzw. die von

unterschiedlichen Lieferanten oder aus ver-

schiedenen Produktserien stammen, gene-

rell zu vermeiden.

Dipl.-Ing. Karan Djalaei

www.kd-fassadenplanung.de

Karan Djalaei ist Gründer des auf Fas-

sadentechnik spezialisierten Büros KD

Fassadenplanung. Er berät als Fassaden-

planer private Investoren, Projektent-

wickler, Architekten, Generalunterneh-

mer und die öffentliche Hand in allen

Fragen rund um die Gebäudehülle. Ein

Lehrauftrag für Fassadentechnologie an

der TH Köln und Fachveröffentlichun-

gen und -vorträge gehören zu seiner

nebenberuflichen Tätigkeit.