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FASSADE 1/2018

TECHNIK

|

Interview

Jan Siemon (Vertrieb Feldhaus Fenster +

Fassaden GmbH & Co. KG)

Feldhaus

Fenster

und Fassaden hat im

Jahr 2017 einen nicht

unwesentlichen Um-

satz durch engli-

sche Großprojekte in

London erwirtschaf-

tet. Der Bau-Boom

in London entlang

der Themse ist trotz

des Brexit ungebro-

chen. Enorm viel

Geld kommt durch ausländische Investoren

(aus China, Dubai, Russland etc.) in den eng-

lischen Markt, weil es aufgrund des preis-

werteren Pfund günstiger wird. Marktanaly-

sen haben ergeben, dass die derzeit hohen

Grundstückspreise bei einem Brexit unter

Druck geraten. Die Nachfrage nach neu-

en Immobilien wird also weiterhin vorhan-

den sein. Aktuell übersteigt die Nachfrage

nach neuen Aufträgen unsere Kapazitäten,

da Großprojekte meist mehrere Jahre dau-

ern und uns momentan Voranfragen über

ganze Wohnbaukomplexe bis ins Jahr 2025

vorliegen.

Wir glauben, dass die rasante Entwicklung in

London trotz des Brexit nicht zum Erliegen

kommt, der Bauboom und der „Dschungel“

anTurmdrehkränen in der ganzen Stadt wird

auch in Zukunft unvermindert weitergehen.

Stefan Ehgartner

(Geschäftsführer Lindner

Fassaden GmbH)

Auch für uns ist

der Brexit mit ei-

nigen Fragen und

langfristigen Kon-

sequenzen verbun-

den. Dies betrifft

sowohl bestehen-

de Geschäftsbezie-

hungen und lau-

fende Projekte als

auch

zukünftige

Aufträge. Immerhin werden ca. 20 Prozent

des Umsatzes der gesamten Lindner Group

über den britischen Markt erzielt, bei Fassa-

Brexit: Wie geht’s weiter?

Es war einer der Schocks des Jahres: Mitte 2016 stimmten über 52 Prozent der Briten

für den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU). Bis heute halten die

Austrittsverhandlungen an. Doch welche Folgen hat der Brexit eigentlich bisher auf den

Fassadenbau? Und was wird die Zukunft bringen? Das hat die Redaktion der FASSADE jetzt

einige Unternehmen gefragt, die im britischen Markt sehr aktiv sind.

den beträgt der Anteil sogar 70 Prozent. Ne-

gative Auswirkungen könnten eventuell im

Liefergeschäft – zum Beispiel durch neue

Zollbestimmungen – entstehen aber auch

im direkten Projektgeschäft, beispielswei-

se durch eine Eingrenzung der Freizügigkeit

der Mitarbeiter. Sollten Investoren aus dem

europäischen Ausland wegfallen, ist auch

ein Rückgang in der Baukonjunktur zu er-

warten. Wir haben uns intensiv mit mögli-

chen Szenarien auseinandergesetzt und sind

darauf gut vorbereitet. Allen voran durch

unsere enge Zusammenarbeit mit dem bri-

tischen Fassaden- und Dachspezialisten

Prater, der bereits seit 2011 Teil der Lind-

ner Group ist und auf der Insel eigenständig

Projekte abwickelt und auch über eine eige-

ne Produktion verfügt.

Matthias Effinger

(Consulting & Sales

International, FKN Gruppe)

Die zukünftigen

Auswirkungen des

Brexit lassen sich

derzeit nicht vo-

raussagen. Trotz

dieser Unsicher-

heit erleben wir

das Stimmungs-

bild in der engli-

schen Bau- und

Immobilienwirt-

schaft – nach einer ersten Schockphase –

wieder gefasst sowie selbstbewusst und

positiv nach vorne schauend. Wir tendieren

daher zu einer verhalten optimistischen Hal-

tung. Gespeist aus dem Stimmungsbild und

den Signalen, welche wir vor Ort überwie-

gend wahrnehmen, erwarten wir, dass das

Englandgeschäft auch in Zukunft für uns von

Bedeutung sein wird.

Insgesamt gibt es nach wie vor eine große

Bautätigkeit in England. Sicherlich – im Ver-

gleich zu dem fast unvorstellbar hohen Pro-

jektvolumen vor der Brexit-Entscheidung –

ist ein Rückgang im Markt zu verzeichnen.

Dennoch ist das Gesamtvolumen an Inves-

titionen in Bauprojekte groß. Aufgrund der

Schwächung des Pfunds und den Schwan-

kungen des Wechselkurses, erleben wir, dass

die Budgets für die Fassadenprojekte seither

gestrafft werden. Häufig werden wir deshalb

frühzeitig in die Planung einbezogen. Derzeit

sind wir schon in Projekte involviert, die erst

in 2020 zur Ausführung kommen sollen.

Klaus Lother

(Geschäftsführer Josef Gartner

GmbH und CEO Europe Permasteelisa)

Das Ergebnis des

Referendums hat

die Geschäftswelt

zunächst

irritiert

und verunsichert.

Entscheidungen

wurden nochmals

überprüft, der Bau

von Bürogebäuden

verzögerte sich und

Investoren verlan-

gen seither mehr Sicherheit durch Anker-

mieter. Fassadenaufträge zogen sich in die

Länge oder wurden stufenweise erteilt. Oft

ist nicht sicher, ob tatsächlich gebaut wird.

Zudem sinken in London die Immobilien-

preise.

In den letzten Jahren konnten wir die Aktivi-

täten der drei Marken Permasteelisa, Schel-

debouw und Gartner ausbauen, da wir lang-

jährige Kundenkontakte pflegen und über

eine große Finanzkraft verfügen. Heute müs-

sen wir uns auf Baustopps oder Verzögerun-

gen vorbereiten, die teils Haftungsfragen

aufwerfen. In langfristigen Verträgen regeln

wir mögliche Konsequenzen des Brexit wie

Einfuhrzölle und Inflation. Gut ausgelastete

Lieferanten und Nachunternehmer sind al-

lerdings verunsichert wegen des Bleiberechts

ihrer Mitarbeiter und die zuletzt stark gestie-

gene Inflation verteuert Löhne und Material.

Insgesamt dürfte sich der Fassadenmarkt

aber beruhigen. Der Finanzsektor bleibt trei-

bende Kraft und London als europäischer

Hauptsitz für Global Player wie Bloomberg

oder Google attraktiv. Selbst wenn sich die

Konjunktur abkühlt, dürfte sich unser Markt

weiterhin auf hohem Niveau entwickeln.

Auch bei Verlagerungen von Geschäften in-

nerhalb von Europa ist die Permasteelisa-

Gruppe mit Standorten in neun Ländern gut

aufgestellt.