glas+rahmen
09.17
technik
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glaswerkzeuge
technik
Die alten Werkzeuge weckten sein Interesse an der Jahr-
hunderte alten Methode des Glastrennens. Mittels eines
Gasbrenners erhitzte er die Trenneisen und unternahm
erste Versuche. Diese Form des thermischen „Glas-
schneidens“ wurde in früheren Zeiten als „absprengen“
bezeichnet. Nach ersten Anlaufschwierigkeiten, deren
Ursache darin lag, dass das Trenneisen nicht die benö-
tigte Temperatur hatte, gelangen Tobias Eberle schnell
die ersten Glastrennungen. Es zeigte sich, dass es mit
der alten Methode durchaus möglich ist, Glas sauber zu
trennen. Eine sehr kleine Kerbe an der Glaskante reich-
te aus, um durch Aufsetzen des heißen Trenneisens ei-
nen Sprung entstehen zu lassen, der dann bei langsa-
mer Führung demWeg des Trenneisens folgte. Natürlich
ist die Geschwindigkeit des Trennens mittels heißem
Trenneisen mit einem modernen Glasschneider nicht
zu vergleichen. Allerdings gelingt es damit, sehr schöne
präzise Formen zu schneiden (Bild u.l.). Und das Beson-
dere daran ist, dass die Kante ähnlich einer Laserschnitt-
kante keinerlei Unregelmäßigkeiten oder gar „Haifisch-
zähne“ zeigt (Bild u.r.). Bei ausreichend heißemTrennei-
sen ist nach dem Trennen nicht mehr erkennbar, von
welcher Seite das Werkzeug geführt wurde. Auch bei
Vergrößerung der Trenn-/Schnittkante kann dies nicht
mehr festgestellt werden. Damit zeigt sich, dass diese
handwerkliche Art des „Glasschneidens“ zu einer sehr
guten Kantenfestigkeit geführt hat, die heute nicht im-
mer (vor allem bei Modellkanten) vorhanden ist. In-
teressanterweise war die mit dem Trenneisen erzeugte
Glaskante vor 500 Jahren mindestens genauso belastbar,
wie eine durch moderne Schneidanlagen erzeugte Kante.
Beim Glasschneiden mittels Laser kommt die alte Tech-
nik des thermischen Glastrennes im neuen, zukunfts-
weisenden Gewand zurück in die Glasbearbeitung. Die
Geschwindigkeit und Exaktheit, mit der Laser das Glas
schneiden, haben allerdings mit der Handarbeit vergan-
gener Zeiten nichts mehr gemein.
tobias eberle / ekkehard wagner
l.: Diverse Glasschneider
der letzten 100 Jahre
- vom Glaserdiamanten
bis zum modernen
Glasschneider mit Hart-
metallschneidrädchen.
o.l.: Zwei Trenn- und
Löteisen mit Kupfer
spitze auf einem
älteren, elektrisch be-
triebenen Lötkolben.
Rechts zwei Löteisen,
die durchaus auch als
Trenneisen verwendet
werden können.
o.r.: Das Trenneisen
auf dem Glas zeigt dem
Sprung seinen Weg.
Er läuft exakt hinter
dem heißen Eisen her.
u.l.: Jede Form des Kur-
venschnitts, auch auf
kleinstem Raum, ist mit
der alten Technik mög-
lich.
u.r.: Querschnitt der
mittels Trenneisen „ab-
gesprengten“ Kante.
Der Bruchquerschnitt
ist sauber ohne irgend-
welche Rauheiten oder
Haifischzähne.
Fotos: © Ekkehard Wagner