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glas+rahmen

09.17

technik

39

glaswerkzeuge

technik

Die alten Werkzeuge weckten sein Interesse an der Jahr-

hunderte alten Methode des Glastrennens. Mittels eines

Gasbrenners erhitzte er die Trenneisen und unternahm

erste Versuche. Diese Form des thermischen „Glas-

schneidens“ wurde in früheren Zeiten als „absprengen“

bezeichnet. Nach ersten Anlaufschwierigkeiten, deren

Ursache darin lag, dass das Trenneisen nicht die benö-

tigte Temperatur hatte, gelangen Tobias Eberle schnell

die ersten Glastrennungen. Es zeigte sich, dass es mit

der alten Methode durchaus möglich ist, Glas sauber zu

trennen. Eine sehr kleine Kerbe an der Glaskante reich-

te aus, um durch Aufsetzen des heißen Trenneisens ei-

nen Sprung entstehen zu lassen, der dann bei langsa-

mer Führung demWeg des Trenneisens folgte. Natürlich

ist die Geschwindigkeit des Trennens mittels heißem

Trenneisen mit einem modernen Glasschneider nicht

zu vergleichen. Allerdings gelingt es damit, sehr schöne

präzise Formen zu schneiden (Bild u.l.). Und das Beson-

dere daran ist, dass die Kante ähnlich einer Laserschnitt-

kante keinerlei Unregelmäßigkeiten oder gar „Haifisch-

zähne“ zeigt (Bild u.r.). Bei ausreichend heißemTrennei-

sen ist nach dem Trennen nicht mehr erkennbar, von

welcher Seite das Werkzeug geführt wurde. Auch bei

Vergrößerung der Trenn-/Schnittkante kann dies nicht

mehr festgestellt werden. Damit zeigt sich, dass diese

handwerkliche Art des „Glasschneidens“ zu einer sehr

guten Kantenfestigkeit geführt hat, die heute nicht im-

mer (vor allem bei Modellkanten) vorhanden ist. In-

teressanterweise war die mit dem Trenneisen erzeugte

Glaskante vor 500 Jahren mindestens genauso belastbar,

wie eine durch moderne Schneidanlagen erzeugte Kante.

Beim Glasschneiden mittels Laser kommt die alte Tech-

nik des thermischen Glastrennes im neuen, zukunfts-

weisenden Gewand zurück in die Glasbearbeitung. Die

Geschwindigkeit und Exaktheit, mit der Laser das Glas

schneiden, haben allerdings mit der Handarbeit vergan-

gener Zeiten nichts mehr gemein.

tobias eberle / ekkehard wagner

l.: Diverse Glasschneider

der letzten 100 Jahre

- vom Glaserdiamanten

bis zum modernen

Glasschneider mit Hart-

metallschneidrädchen.

o.l.: Zwei Trenn- und

Löteisen mit Kupfer­

spitze auf einem

älteren, elektrisch be-

triebenen Lötkolben.

Rechts zwei Löteisen,

die durchaus auch als

Trenneisen verwendet

werden können.

o.r.: Das Trenneisen

auf dem Glas zeigt dem

Sprung seinen Weg.

Er läuft exakt hinter

dem heißen Eisen her.

u.l.: Jede Form des Kur-

venschnitts, auch auf

kleinstem Raum, ist mit

der alten Technik mög-

lich.

u.r.: Querschnitt der

mittels Trenneisen „ab-

gesprengten“ Kante.

Der Bruchquerschnitt

ist sauber ohne irgend-

welche Rauheiten oder

Haifischzähne.

Fotos: © Ekkehard Wagner