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glas+rahmen

06.18

editorial

Lastenrad gegen Feinstaub

Liebe Leserin, lieber Leser,

vor einigen Tagen flatterte per E-Mail eine

Einladung der Handwerkskammer Düssel-

dorf auf meinen Rechner, die bei mir spon-

tan ein Schmunzeln auslöste. Die HWK lud

zur Infoveranstaltung „Lastenrad und mehr

– live erleben.“

Lastenrad? Dieses fast in Vergessenheit

geratene Dreirad mit Box auf der Vorder-

achse soll die innerstädtischen Transport-

probleme des Handwerks lösen? Mir fielen

sofort die alten Geschichten meines Vaters

ein, in denen er davon berichtete, wie er als

junger Schreinermeister mit dem Moped,

Spannsäge auf dem Rücken und Werkzeug

in der selbst gebauten Transportkiste auf

dem Gepäckträger zu Kunden fuhr. Das war

in den fünfziger Jahren des vergangenen

Jürgen Vössing,

Chefredakteur

Glas+Rahmen

können. EU-Recht sowie von Umweltorga-

nisationen und Anwohnern erstrittene Ge-

richtsurteile werden sie dazu zwingen. Als

erste Stadt hat Hamburg diesen Schritt be-

reits gemacht, weitere Städte werden folgen.

Es ist also keineswegs abwegig, wenn

Handwerksorganisationen sich angesichts

drohender Verdienstausfälle ihres Klientels

aufgrund der Nichterreichbarkeit von Kun-

den mit alternativen Transportlösungen be-

schäftigen und nicht ausschließlich auf Aus-

nahmeregelungen hoffen. Und da laut Zen-

tralverband des Deutschen Handwerks von

den Autoherstel-

lern aktuell fast kei-

ne Fahrzeuge der

neuesten Norm Eu-

Jahrhunderts – Nostalgie pur! Und nun sol-

len Lastenfahrräder eine Renaissance erle-

ben? Die Vorstellung scheint grotesk, blickt

man aber auf die Hintergründe der HWK-

Infoveranstaltung, dann wächst die Bereit-

schaft, sich mit der Sinn-Frage zu beschäfti-

gen. Staus und die oft langwierige Parkplatz-

suche in den Großstädten verursachen nicht

nur schlechte Luft, sondern kosten Hand-

werksunternehmen auch viel Zeit, Geld und

Nerven. Mit drohenden Fahrverboten erhält

die Transportproblematik nun noch einmal

eine ganz neue Qualität. Die meisten von

Handwerkern genutzten dieselbetriebenen

Transportfahrzeuge erfüllen nicht die An-

forderungen der Klasse Euro 6. Das heißt,

Fahrverbote würden Handwerker hart tref-

fen. Wenn auch Bürgermeister gebetsmüh-

lenartig beteuern, dass sie wegen erhöhter

Feinstaubwerte keine Fahrverbote einfüh-

ren möchten, sie werden gar nicht anders

ro 6d mit sehr niedrigen NO2-Werten ange-

boten werden, die für das Handwerk geeig-

net wären, rücken andere Fahrzeuge in den

Fokus. Mit der Elektrifizierung der Lasten-

räder, höheren Zuladungen und verbesser-

ter technischer Ausstattung würden diese

Transportmittel für viele Unternehmer im

urbanen Raum zunehmend interessanter,

heißt es aus der Handwerkskammer Düssel-

dorf. Bei der Informationsveranstaltung am

12. Juni konnten auch E-Bikes, E-Roller so-

wie E-Autos und -Transporter getestet wer-

den. Elektrischer Strom wird als Antriebs-

form weiter an Bedeutung gewinnen. Und

wenn elektrisch betriebene Transportfahr-

zeuge wie beispielsweise das E-Lastenrad

dazu beitragen, in der Stadt schneller, stress-

freier und auch noch kostengünstiger zum

Kunden zu kommen, dann wird man künf-

tig wohl auch wieder Handwerker auf Rä-

dern sehen.

jürgen vössing

„Durch Fahrverbote

erhält die Transport-

problematik eine

ganz neue Qualität.“

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