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glas+rahmen

05.17

editorial

Fensterkitt im Visier

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Arbeit als Unternehmer im von vielen

nicht beeinflussbaren Rahmenfaktoren abhän-

gigen Bau- und Ausbaugewerbe ist alles ande-

re als ein langer, ruhiger Fluss. Während sich

für die Glas-verarbeitenden und -verbauen-

den Handwerksbetriebe nach großer Aufre-

gung der Nebel der Unsicherheiten bezüglich

der neuen Glasnorm DIN 18008 nun lang-

sam lichtet, nahen schon die nächsten „Strom-

schnellen“. Zunächst hinter vorgehaltener

Hand, nun ganz offiziell wird darauf hinge-

wiesen, dass alter Fensterkitt Asbest enthalten

kann und unter Um-

ständen bei der Sanie-

rung oder dem Auskit-

ten alter Fensterflügel

Jürgen Vössing,

Chefredakteur

Glas+Rahmen

werbeaufsichtsamt angemeldet werden. Das

bayerische Verfahren sieht keine Erleichterun-

gen bei den Schutzmaßnahmen vor. Die Crux:

Ein vereinfachtes Verfahren existiert auch

noch gar nicht. Selbst für die Bearbeitung ei-

nes kleinen „belasteten“ Kellerfensters muss

das volle Schutzprogramm für den Umgang

mit Asbest erfüllt werden. Bei Nichtbeachtung

drohen Strafen.

Im übrigen Deutschland gibt es aktuell

noch keine dezidierten Vorgaben. Allerdings

kann nicht darauf gebaut werden, dass andere

Landesbehörden bei einem so brisanten Stoff

ein Auge zudrücken. Wie bedeutsam das The-

ma im Bereich der Gebäudesanierung aktuell

ist, zeigt der große Asbest-Dialog, zu dem das

eine Gesundheitsgefahr besteht. Lesen Sie da-

zu unsere Berichte auf den Seiten 40 und 48.

Jahrzehntelang wurde alter Kitt einfach von

Hand ausgeschlagen oder mit der Kittfräse

ausgefräst. An eine Gesundheitsgefährdung

dachte dabei niemand. Die Zeit des sorglosen

Umgangs mit Alt-Kitt ist nun vorbei. In Ober-

bayern gibt es bereits eine strenge Regelung.

Laut Gewerbeaufsichtsamt der Regierung

Oberbayern ist Kitt, für den keine Asbest­

analyse vorliegt, so zu behandeln als sei er mit

den gefährlichen Naturfasern versetzt. Wer

dort alten Kitt bearbeiten will, der muss erst

eine Probe entnehmen und sie von einem

Prüfinstitut untersuchen lassen. Berechtigt

dazu sind allerdings nur Betriebe, die einen

sogenannten „Asbestschein“ haben. Zudem

muss die Probenentnahme zuvor beim Ge-

Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Anfang Mai rund 180 Vertreter von Behörden,

Verbänden und Bauwirtschaft geladen hatte,

um Lösungswege für den Umgang mit asbest-

haltigem Material zu diskutieren.

Angesichts des für die Bearbeitung von Alt-

Kitt zu betreibenden Aufwands und der weit-

reichenden Folgen bei Nichtbeachtung der Ar-

beitsschutzvorgaben ist es verständlich, wenn

Glaser, Schreiner und Fensterbauer dankend

ablehnen und Kunden mit dem kaputten Flügel

wieder nach Hause schicken. Schlimmstenfalls

machen diese sich dann unbedarft und ohne

jegliche Schutzausrüstung im Heimwerkerkel-

ler daran, den Flügel auszuglasen, um ihn dann

frei von möglicherweise asbestbelastetem Kitt

für die Neuverglasung zum Fachhandwerker zu

bringen – eine irrwitzige Vorstellung.

jürgen vössing

„Die Zeit des sorglosen

Umgangs mit Alt-Kitt

ist vorbei.“

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