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Vorgehängte hinterlüftete fassaden
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FASSADE 6/2016
Zu gravierenden Schäden kommt es im
Fassadenbau immer dann, wenn der Last-
fall Temperaturdehnung unterschiedlicher
Werkstoffe entweder in der Planung nicht
beachtet wird oder die notwendige Ausbil-
dung der Fest- und Gleitpunkte aufgrund
von Einbau-Imperfektionen nicht wirksam
Lastfall „Temperatur“ im Fassadenbau
Von Dipl.-Ing. Johannes Georg Hofmann
Das Japan Center am Taunustor – entworfen vom Berliner Architekturbüro Ganz & Rolfes
– gilt seit seiner Eröffnung 1997 als eines der prägnantesten Hochhäuser in Frankfurt. Die
Architektur ist einer traditionellen japanischen Steinlaterne nachempfunden. Dennoch haben
der Bau und insbesondere die Fassade bereits eine bewegte Historie.
wird. Der Totalschaden der elementierten
Natursteinfassade aus African Red Granit
am Japan Center in Frankfurt, 1997 fertig-
gestellt und bereits 2006 komplett erneuert,
ist für die vorab beschriebene Problematik
ein besonderes Negativbeispiel. Obwohl ei-
ne namhafte Metallfassadenbaufirma auch
die Natursteinfassade des 115 Meter ho-
hen Turms als elementierte Fassade mit an-
brachte, die Unterkonstruktionen plante
und lieferte und die gesamte Montage aus
eigener Hand ausführte, wurden die phy-
sikalischen Regeln der unterschiedlichen
Ausdehnungskoeffizienten zwischen Alu-
minium und Granit nicht beachtet.
Dehnung X
Alu
= 24 · 10
-6
/K : X
Granit
= 8 ·
10
-6
/K (24 mm/m zu 8 mm/m)
Nachfolgende Schadensfälle sind
daher in Serie am Japan Center auf-
getreten
Schadensfall 1
Leibungsanschluss zweipunktgelagert starr
Die 3-fach größere Ausdehnung von Alu-
minium zu Granit unter dem Lastfall Tem-
peratur führte bei dem jeweils völlig starren
Anschluss der Leibung mittels zweier Hin-
terschnittdübel ohne Langloch im durch-
gängigen Aluwinkel (zwei Festpunkte) zu
direkter Zwängungseinleitung in den Gra-
nit in der Größenordnung von ca. 7 Tonnen.
Die Folge war ein durchgängiges Abspalten
der Leibungsplatten jeweils im Bereich ei-
nes der beiden Hinterschnittdübel.
Die abgespaltenen Steinstücke von ca. 10
x 15 cm konnten der Fassade entnommen
werden oder stürzten teilweise ab – und
zwar bevorzugt auf den Sonnenseiten, wo
die Temperaturen besonders hohe Grade
und damit Längenänderungen verursach-
ten. Der Schaden wurde durch das Fehlen
vertikaler Langlöcher ausgelöst. Nur durch
sofortige Netzbespannung der Fassaden
konnte ein Absturz in die stark frequentier-
ten Straßen des Frankfurter Bankenviertels
vermieden werden.
Hofmann Naturstein GmbH & Co. KG (6)
Das Japan Center in Frankfurt.
Detail eines Pfeilerschnitts mit Leibung vor der
Sanierung.
Schadhafte Natursteinfassade vor der
Sanierung.