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glas+rahmen

10.17

editorial

Nur eine Ausnahme?

Liebe Leserin, lieber Leser,

kürzlich verbrachte ich ein paar Urlaubs-

tage in einem Städtchen in Ostfriesland.

Als ich an Tag zwei beim späten Frühstück

in meiner Ferienwohnung saß, wurde ich

durch lautes Geschimpfe in der Nachbar-

schaft aufgeschreckt. Neugierig, wer da sei-

nem Unmut freien Lauf ließ, warf ich einen

Blick aus dem Fenster und wurde Zeuge ei-

ner handwerklichen Meisterleistung, wie

es sie so eigentlich nicht mehr geben soll-

te. Im Nachbarhaus wurden nämlich eine

neue Haustür und neue Kunststofffenster

eingebaut. Die lautstarken Missfallensbe-

kundungen kamen von dem offensichtlich

für die Montagemaßnahme verantwort-

lichen Handwerker. Sein Mitarbeiter hat-

te wohl beim Einsetzen der Blendrahmen

Jürgen Vössing,

Chefredakteur

Glas+Rahmen

offensichtlich nicht verinnerlicht, sonst hät-

te ich von seiner Arbeit gar nichts mitbe-

kommen. Mit frischem Kaffee zurück, wa-

ren die Blendrahmen bereits verschraubt

und der PU-Schaum-Einsatz stand bevor.

Professionell wurden nun die Bauelemen-

te umlaufend eingeschäumt, ohne dass da-

bei erkennbar Hektik aufkam oder die fach-

liche Konversation wieder zum Unterhal-

tungs- bzw. Störfaktor für Nachbarn wurde.

Der nächste Arbeitsschritt erinnerte mich

allerdings schon wieder an meine Ausbil-

dung vor über 30 Jahren, als „Innen dich-

ter als Außen“ noch

nicht gebetsmüh-

lenartig verkündet

wurde. Auf der Bau-

einen Fehler gemacht oder sie zumindest

nicht wie besprochen montiert. Also wur-

den laut und reichlich die üblichen Floskeln

verwendet: „Wenn man nicht alles selber

macht. Immer und überall muss man nach-

arbeiten“, und, und, und.

Die Situation erinnerte mich sofort an

meine Lehrzeit als Tischler. Auch seiner-

zeit ging es des Öfteren recht laut zur Sache.

Also beschloss ich, den Gang zum Strand

um ein Stündchen zu verschieben und den

„Fall“ vor meiner Balkontür weiter im Au-

ge zu behalten. Die für Handwerker im-

mer wieder empfohlene Grundregel, sau-

ber, freundlich, fachkompetent und beson-

nen aufzutreten, hatte der Kollege nebenan

stelle nebenan entschied man sich, diese

Regel nicht zu berücksichtigen. Die äuße-

ren Bauanschlussfugen wurden mit Silikon

ausgefüllt und fein säuberlich mit dem Fin-

ger final jedem Stein angepasst und geglät-

tet. Für mich stellte sich beim Anblick die-

ser Modellierarbeit die Frage, ob die beob-

achteten Handwerker wohl eine Ausnahme

sind, oder ob es tatsächlich eine Diskrepanz

zwischen dem in der Glas+Rahmen immer

wieder beschriebenen Stand der Technik

und der Realität draußen auf den Baustel-

len gibt. Der interessante Montage-Morgen

in Ostfriesland hat mich jedenfalls daran

erinnert, in Ihrem Sinne diesbezüglich sehr

wachsam zu bleiben.

jürgen vössing

„Stimmen Theorie

und die Realität auf

Baustellen und in

Betrieben überein?“

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