RTS Magazin 9/2020
25 RTS-Magazin 9/2020 INNOVATIONEN RTS: Gibt es bestimmte Orte, an denen Sie sich Ins- pirationen für die Kollektion geholt haben? Pascal Walter: Ich muss zugeben, dass meine Inspi- ration und Recherche für das Konzept und die spätere Dessin-Entwicklung vor allem digital stattgefunden ha- ben. Angefangen mit einer Bestandsaufnahme, was es am Markt gibt als Basis dafür was ich anders machen wollte. Ich wusste aber z. B. auch von Anfang an, dass ich ein Schilf-Dessin machen wollte, da habe ich so eine Urlaubsassoziation von Schilf im Wind an einer großen Terrasse, das wollte ich unbedingt festhalten. Ich lebe nun schon seit über 20 Jahren in verschiede- nen Großstädten, umso mehr schätze ich aber die Natur in Form von Spaziergängen, auf Reisen oder auch wenn man mal bei der Familie zu Besuch „im Grünen“ ist. Wir haben aber auch 2 Balkone und eine Vielzahl von Grün- pflanzen in der Wohnung. Und genau darum geht es meiner Meinung nach, dass wir uns in unsere urbanen Lebensräume wieder mehr Grün wünschen. Auch als Kompensation der zunehmenden Digitalisierung unse- res Alltags. Und frei nach dem Motto „Probieren geht über Studieren“ haben wir viele Probemusterungen ge- macht und die Prototypen am Fenster getestet. RTS: Wie müssen sich Dessins für Rollos, Plissees und Duette Wabenplissees Ihrer Meinung nach von Dessins für andere Textilien unterscheiden? Pascal Walter: Viele grundsätzliche Aspekte im Design Work sind ähnlich, da wir auch hier von der klassischen Gestaltung textiler Pro- dukte reden. Es geht um Form, Farbe, Proportion. Für mich haben sich aber in der Entwicklungsphase auch deutliche Unterschiede gezeigt, die man berück- sichtigen muss. Ganz wichtig ist, dass die Muster ex- trem flächenfähig sein müssen, ähnlich wie bei einer Tapete. Man sieht frontal auf die gestaltete Fläche, die nicht wie bei einem Vorhang durch Falten aufgebro- chen wird. Da muss man ein Dessin in der Größe, Mus- terung und auch Farbigkeit so gestalten, dass es nicht „zu viel“ wird. Letztlich müssen sich die Produkte im Raum doch integrieren oder sogar unterordnen. Die Farbigkeit ist ein weiterer Punkt, da das Licht gefiltert in den Raum fällt. Kräftige und flächige Farben färben dementsprechend auch das natürliche Licht im Raum, ein Effekt, mit dem man vorsichtig umgehen sollte. Ein ebenfalls wichtiger Aspekt ist die Dreidimensionalität bei Plissees und Duette Wabenplissees. Die gewinkel- ten Flächen des Plissees verändern die Wahrnehmung eines Musters sehr, das flach vielleicht sehr gelungen erscheint. Auch muss man die Optik im gestauchten ge- schlossenen Zustand berücksichtigen. RTS: Hat der innenliegende Sicht- und Sonnen- schutz Ihnen auch Grenzen aufgezeigt? Pascal Walter: Natürlich habe ich mit meinem Back- ground einige andere Ansätze und Ideen mitgebracht, die wir dann aber gemeinsam besprochen und mit dem Know-how des Hunter Douglas Design-Teams umge- setzt haben. Da dies meine erste reine Sonnenschutz- Kollektion war, hatte ich das Gefühl, dass ich viel frei gestalten konnte, aber natürlich gibt es bei Produk- ten mit hohen technischen Anforderungen doch auch immer Vorgaben für das Design. Natürlich kann man nicht alle Dessins gleichermaßen verwenden, das gilt aber auch für Dekorationsstoffe, Bezugsstoffe und Ta- peten. Ich habe aber mit dem Dessin „Alago“ auch eine klassische Regel gebrochen, indem ich eine horizon- tale Struktur für Plissees und Duette verwendet habe. Das Resultat fanden dann aber alle überraschend gut. Grenzen muss man manchmal auch austesten. RTS: Was hat der Begriff Nachhaltigkeit in Ihrer Branche für einen Stellenwert? Pascal Walter: Für die Heimtextil-Branche, die doch in Bezug auf die Produktionsprozesse und Standorte dicht an der Mode angesiedelt ist, wird das Thema Nachhaltigkeit seit Jahren immer wichtiger. Meiner Meinung nach sind sich fast alle Hersteller der Bedeu- tung des Themas bewusst. Von der Seite des Designs und der Produktentwicklung sprechen wir seit über 10 Jahren über mehr Nachhaltigkeit. Wir sprechen aber auch über Strukturen, die über Jahrzehnte gewachsen sind und deren Veränderung und Anpassung langsam von statten geht. Wie in der Mode hängt der Erfolg ei- ner nachhaltigen Textilindustrie vor allem vom Konsu- menten ab, der bereit sein muss, sich bewusst für nach- haltiges Design zu entscheiden, verbunden auch mit höheren Kosten. RTS: Und welchen Stellenwert hat Nachhaltigkeit für Sie persönlich? Pascal Walter: Auch wenn es in meinem Lebensstil ohne Frage immer noch viel Optimierungspotenzial in puncto Nachhaltigkeit gibt, ist es für mich eines der Kernthemen unserer Zeit das mir sehr wichtig ist. Im Grunde müssen wir uns bei jeder noch so kleinen Entscheidung fragen: „Handle ich nachhaltig?“ Das fängt vordergründig bei Mülltrennung und Recycling an, über die Frage wie gestalte ich meine Mobilität, wie sieht mein Urlaub aus und vor allem wie und was kon- sumiere ich. Ich bin überzeugt, dass kleine Dinge glo- bal gesehen große Auswirkungen haben und es hilft, wenn wir alle mitmachen. Eines meiner Lieblingszitate ist von Vivienne Westwood: „Buy less, choose well and make it last.“ Hochwertige, langlebige Produkte zu ent- wickeln, für die sich die Kunden bewusst entscheiden, ist für mich auch eine Art von Nachhaltigkeit. RTS: Haben Sie ein Lieblings-Dessin innerhalb der Super Natural Collection? Pascal Walter: Ein Lieblingsdessin aus einer Kollek- tion, an der man fast ein Jahr gearbeitet hat zu wählen ist für einen Designer immer schwer. Das ist als fragen Sie eine Mutter welches ihr liebstes Kind ist. Jedes der Dessins hat Aspekte, die ich sehr schätze und gerade die ästhetische Vielseitigkeit ist die Stärke der Kollek- tion. Wenn Sie mich aber fragen, welches Dessin ich am ehesten privat einsetzen würde, dann wäre das „Alago“, weil es für mich eine wunderbare organische Dynamik hat und fantastische Lichteffekte erzeugt. RTS: Herzlichen Dank für das Gespräch! Interviewmit Pascal Walter zur Supernaturals Collection Pascal Walter hat die exklusi- ven Dessins entwickelt. © Duette
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