RTS Magazin 6/2020
43 RTS-Magazin 6/2020 MARKT schutz ist dann effektiv, wenn er 85 Prozent der solaren Einstrahlung vom dahinterliegenden Raum abhält. 10 bis 15 Prozent Lichteintrag bei direkter Sonne reichen jedoch aus, um Räume zu belichten und das schattige Ambiente vermittelt zusätzlich einen psychologischen Komfortgewinn. Ein Blick in die Städte des Südens zeigt, wie man sich dort traditionell vor zu viel Sonne schützt. Man sieht vor allem geschlossene Fensterläden mit Licht- schlitzen oder steil abfallende Markisen, die auch noch den vorgelagerten Balkon abschatten. Die außenlie- genden Beschattungen werden individuell auf das Ge- bäude abgestimmt, geplant und gebaut. Diese Herange- hensweise bestätigen auch Experten: Laut einer Studie der TU-Graz ergeben sich die niedrigsten Raumtempe- raturen – unabhängig von der Bauweise – durch eine konsequente, am besten automatisch gesteuerte tem- poräre Beschattung kombiniert mit einer effektiven Nachtlüftung. Die klare und einfache Botschaft, die das Überwärmen in weiten Teilen Österreichs verhin- dert, lautet daher: Sonnenschutz am Tag und Lüften bei Nacht. „Automatisierte Beschattungssysteme regulie- ren den Licht- und Hitzeeintrag nach individuellen per- sönlichen Vorlieben per Smartphone oder Tablet – un- abhängig davon, ob man zu Hause ist oder nicht. Und viele dieser Systeme sind nachrüstbar. Man kann also durchaus ein wenig kleiner und einfacher beginnen und, wenn man den zusätzlichen Komfort schätzen ge- lernt hat, das System ausbauen“, so Johann Gerstmann. Auskühlen lassen – ohne teure Klimaanlagen Wird es im Sommer heiß, gehen die Klimageräte weg wie warme Semmeln und die Absatzahlen steigen dann im Jahresvergleich im zweistelligen Bereich. Klima- und energiepolitisch betrachtet bereitet das jedoch Sorgen, denn der damit verbundene Energieverbrauch belastet das Stromnetz – die wenigsten Geräte werden dezent- ral versorgt –, unter Umständen müssen Gaskraftwerke zugeschaltet werden, um die Peak-Belastung abzude- cken. Oft wird übersehen, dass das Runterkühlen um ein Grad Celsius etwa drei- bis viermal so viel Energie benötigt, wie das Erwärmen um ein Grad. Johann Gerst- mann: „Eine viel sinnvollere Lösung, den Bestands- wohnbau sommertauglich zu machen, ist das Nachrüs- ten einer effektiven Außenbeschattung wie beispiels- weise Fassadenmarkisen, Raffstore, Roll- oder Fenster- läden. Und genauso wichtig ist das Auskühlen der auf- gewärmten Bauteile mittels Nachtlüftung, sobald die Außentemperatur unter 20 Grad Celsius sinkt.“ Für die meisten Siedlungen, Dörfer und Städte Österreichs ist diese Art des passiven Kühlens trotz steigender Tempe- raturen die kostengünstigste, effektivste, nachhaltigste, gesündeste aber auch eine zukunftstaugliche Technik, komfortable Raumtemperaturen zu gewährleisten. Förderungen als sinnvoller Motor bei der Sanierung Die Experten des BVST sehen die Politik in der Pflicht. Zum einen dürfen die klimabedingt höheren Außen- temperaturen nicht durch die Abwärme von Klimage- räten und Klimaanlagen weiter erhöht werden. Und zum anderen gilt es zu verhindern, dass die Bemü- hungen bei der Reduktion der Heizenergie durch zu- sätzliche Klimatisierung teilweise zunichte gemacht werden. Dafür braucht es den Weitblick auf das Ganze und nicht eine kurzsichtige Problembeseitigung. Um den Anforderungen hinsichtlich Energie, Komfort und Design gerecht zu werden, bieten die österreichischen Sonnenschutz-Hersteller zahlreiche unterschiedliche Lösungen an. Wird der Sonnenschutz im Gebäudebe- stand ähnlich wirkungsvoll nachgerüstet, wie dies bei der Wärmedämmung der Fall ist, sind sommertaugli- che Wohnräume im Großteil Österreichs auch in Zei- ten des Klimawandels ohne mechanisches Kühlen re- alisierbar. Die Bundesländer Wien, Niederösterreich und Tirol haben jedenfalls schon einen wesentlichen Schritt getan und fördern außenliegenden variablen Sonnenschutz auch in der Sanierung. www.bvst.at Über den Bundesverband Sonnenschutztechnik Der Bundesverband Sonnenschutztechnik ist der Dachverband der österrei- chischen Sonnenschutzindustrie. Kooperationspartner sind u. a. klima:aktiv, IBO, ÖGUT, der Bau.Energie.Umwelt.Cluster NÖ und die Plattform Innovative Gebäude Österreich. Der Verband repräsentiert 21 Mitgliedsbetriebe mit insgesamt über 1700 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Er sichert mit einer Wertschöpfung von ca. 800 Mio. Euro an die 10000 heimische Arbeitsplätze vor allem im gewerb- lichen Bereich. Der BVST ist Gründungsmitglied des Europäischen Dachverbandes ES-SO (European Solar Shading Organization), zu dem 28 Mitgliedsverbände zäh- len. Verbandsweit ermöglichen alle mit Sonnenschutz verbundenen Leistun- gen (bis hin zur Montage und Serviceleistungen) Arbeitsstellen für 400000 Angestellte und Arbeiter, die einen Gesamtumsatz von ca. 35 Milliarden Euro erwirtschaften. Wenn ein variabler Sonnenschutz vorhanden ist, wirkt er wie ein Thermostatventil, das die Heizleistung der Sonne reduzieren kann. „Eine viel sinnvollere Lösung, den Bestandswohnbau sommertauglich zu machen, ist das Nachrüsten einer effektiven Außenbeschattung.“
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjU0Mjk=