RTS Magazin 2/2020 - Forum Terrasse + Wintergarten 1/2020
Branche 10 RTS-Magazin 2/2020 Prof. Ulrich Sieberath ist zum Ende des Jahres 2019 in den Ru- hestand gegangen. Er hat im ift Rosenheim in 37 Jahren Enor- mes geleistet, insbesondere in den letzten 16 Jahren als Ins- titutsleiter. Durch sein großes Fachwissen, seine Begeisterung für Technik und Forschung und seinen Ideenreichtum, aber auch durch sein Engagement in der Normung und anderen Gremien hat er das Institut und die ganze Fenster- und Fassadenbranche geprägt – in Deutschland, Eu- ropa und weltweit. Nach einer kreativen Pause wird er dem ift Rosenheim und der Branche als Autor und Re- ferent weiter erhalten bleiben. Sein Nachfolger ist seit Januar 2020 Prof. Jörn P. Lass, der seit 36 Jahren in der Fenster- und Fas- sadenbranche tätig ist – davon 14 Jahre in verschiedenen Füh- rungsaufgaben im ift Rosenheim und zuletzt 6 Jahre an der Tech- nischen Hochschule Rosenheim als Leiter der Studienrichtung „Gebäudehülle“. Bereits zu den Rosenhei- mer Fenstertagen 2019 wurde Prof. Ulrich Sieberath von den Teilnehmern mit langem Ap- plaus für 37 erfolgreiche Jahre im Dienst der Branche geehrt. Von Astrid Wirges (Geschäftsführe- rin DIN) wurde er als „Vater“ Wechsel an der Spitze der Produktnorm für Fenster und Türen sowie für seine großen Verdienste in der Normungs- arbeit mit der DIN-Ehrennadel gewürdigt. Von der Rosenheimer Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer erhielt er die Verdienstme- daille der Stadt Rosenheim. Sein Berufsstart Nach den Gründen für diesen bemerkenswerten Werdegang gefragt, sagt Prof. Ulrich Siebe- rath: „Mein Berufsweg begann früh, denn ich habe schon als Kind die Fensterwerkstatt mei- nes Vaters besucht. Ich war be- geistert von den technischen Ge- räten und wie aus Holzstücken auf wunderbare Weise ein Fens- ter entsteht. Nach der Schreiner ausbildung hat mir mein Vater geraten, im fernen Rosenheim bei Professor Seifert die Fens- terbaukunst ingenieurmäßig zu vertiefen.“ Nach einem Praxissemes- ter im Institut für Fenstertech- nik war klar, dass er als Ingenieur die Fenstertechnik weiter entwi- ckeln wollte. Dieses Motiv hat ihn dann die nächsten 37 Jahre begeistert. Das lag sicher auch daran, dass seine Vorbilder Prof. Seifert und Prof. Schmid immer genau wussten, wann man „dem Sieberath“ neue Aufgaben ge- ben musste. Gleich zu Beginn waren es Forschungsprojekte wie „Wohnungsabschlusstüren“, „Einbruchhemmende Türen oder Fenster“ oder „Lüftung im Woh- nungsbau“. Gleich nach seinem Eintritt ins ift Rosenheim musste er das Normenwerk zur Einbruchhem- mung bearbeiten. Dabei war die Besonderheit, dass eine statische mechanische Prüfung den Erfin- dungsreichtum der Einbrecher nicht abdecken konnte. Deshalb wurde gemeinsam mit der Kri- minalpolizei das Täterverhalten analysiert. Darauf aufbauend entstanden die Idee des „Norm einbrechers“ und die manuelle Prüfung mit der Angriffszeit als Bewertungskriterium. Die Durchsetzung dieses unkonventionellen Konzepts war nicht einfach, hat sich aber schließlich doch etabliert und gilt bis heute. Die Erfahrungen aus dieser Zeit haben sein gesamtes Arbeiten im ift Rosenheim ge- prägt, das sich durch eine opti- male Kombination aus Pragma- tismus, Kreativität und fundier- tem Ingenieur-Wissen auszeich- nete. Die Normungsarbeit Mit diesen „Erfahrungen“ be- gann dann 1989 die große Auf- gabe der europäischen Nor- mungsarbeit, mit der Entwick- lung harmonisierter und EU-weit gültiger Produktnormen. Im Fo- kus stand das Werk der DIN EN 14351-1 als europäische Produkt- norm für Fenster und Außentü- ren. Dies hat über 20 Jahre ge- dauert, aber Maßstäbe für die ob- jektive Ermittlung der Produktei- genschaften gesetzt. Als Ingeni- eur mit praktischem Hintergrund entwickelte er dabei Normen, die sachlich sinnvoll und in der Pra- xis leicht anwendbar sind. Prof. Sieberath hatte immer viel Verständnis, wenn Betriebe und Handwerker über zu viele Regeln bei Technik sowie Ar- beits- und Steuerrecht stöhnen. Aber er machte immer klar, dass die Normung die Sprache der Technik ist und die Konstruktion, das Angebotswesen und die Aus- führung erheblich vereinfachen. Vorschriften haben immer auch zu neuen Technologien geführt, die deutschen Betrieben einen technischen Vorsprung verschafft haben. Ein wichtiges Beispiel ist das energieeffiziente Bauen, dass im Wesentlichen durch die Wärmeschutzverordnung ange- schoben wurde. Prof. Sieberath steckte immer viel Zeit in ift-Ser- viceleistungen, um den Umgang mit Normen für die Praktiker zu vereinfachen, beispielsweise das ift-Normenportal, den ift-Monta- geplaner oder den CE-Generator. Quasi nebenbei lernte er von erfahrenen Kollegen die „Nor- mungsdiplomatie“, die ihm auch sehr gut bei seiner späteren Ar- beit als Institutsleiter geholfen hat, bei der er ja oft zwischen den Interessen von Fensterher- stellern, Zubehörlieferanten, Sys temgebern, Verbänden und Be- hörden vermitteln musste. Viele Aufgaben Neben der Normungsarbeit und als Leiter der Türenabteilung ka- men neue Aufgaben auf ihn zu, beispielsweise 1994 der Aufbau der ift-Zertifizierungsstelle. Die jahrelangen Erfahrungen in al- len Aufgabenfeldern des ift Ro- senheim führten dann 2002 zur Ulrich Sieberath hielt seinen ersten Vortrag auf den Rosenheimer Fenster tagen 1984 zum Thema „Einbruch- hemmung von Fenstern und Türen“. Hier ist Ulrich Sieberath 1984 als junger Ingenieur bei einer Demons- tration einer Einbruchprüfung zu sehen. 2013 freute sich Prof. Ulrich Sieberath über die innovative PV-Fassade am neuen Bürobau des ift Rosenheim. Fotos (5): © ift Rosenheim
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