LIFTjournal 1-2021
Bernds Betreibertipp Keiner wusste 2015 als die Novellierung der Betriebssicherheitsverordnung in Kraft trat, welche Schutzmaßnahmen mindestens notwendig sind, damit eine Aufzugsanlage sicher nach dem Stand der Technik betrieben werden kann und wel- che Bedingungen dafür erfüllt werden müssen. Trotzdem sollten die Aufzüge entsprechend geprüft werden ... Bei solchen Unklarheiten springt häufig der Erfahrungsaustauschkreis der Zugelassenen Überwachungsstellen (EK ZÜS) in die Bresche. Er formuliert Beschlüsse, die Lücken in Geset- zesvorlagen schließen – solange, bis der Gesetz- geber zum Beispiel mit einer neuen Technischen Regel für Betriebssicherheit (TRBS) oder einer Aktualisierung der Betriebssicherheitsverord- nung diese Unklarheiten beseitigt. So geschehen mit dem Beschluss ZÜS-BA-012 des EK ZÜS vom April 2017. Darin verpflichtet der Umgang mit einer Gesetzeslücke Sie wissen aus meinem letzten kleinen Betrei- bertipp, dass die Frist für die Nachrüstung eines Notrufs Ende 2020 abgelaufen ist. Jetzt gibt es ein Update von den Behörden zum Umgang mit den Betreibern, die noch immer keinen Fernnotruf haben (ich hatte ja ver- sprochen, am Ball zu bleiben und Sie zu informieren). Die Prüforgani- sationen werden bei den wiederkeh- renden Haupt- und Zwischenprüfungen kontrollieren, ob Sie ein funktionierendes Zwei-Wege-Kommunikations- system (so der offizielle Ausdruck) haben, dass Bußgeld möglich! den Notruf an eine ständig besetzte Notrufzen- trale weiterleitet. Ist die Notbefreiung aus Sicht der Prüforga- nisationen (TÜV, Dekra oder GTÜ) nicht sicherge- stellt, stellt das einen gefährlichen Zustand dar – der zur Abschaltung des Aufzuges führt! Bei allen Aufzüge, bei denen die Notbefreiung gewährleistet ist, aber das Zwei-Wege-Kommunikationssy- stem noch fehlt, gibt der Prüfer dem Betreiber maximal drei Monate Frist für die Nachrüstung, dann folgt ei- ne Nachprüfung. Kümmern Sie sich trotzdem lieber sofort darum, denn das ist alles mit zusätzlichen Kosten verbunden, die Sie an die Wartungsfirma und die Prüforga- nisation zahlen müssen. EK ZÜS seine Prüfer, wie fehlende Schutzmaßnah- men an Aufzügen zu bewerten sind. So weit, so gut. Im November 2018 wurde dann diese Lücke durch die Veröffentlichung der TRBS 3121 gefüllt. Trotzdem wird der ZÜS-BA-012 wei- terhin angewandt, weil er nicht wie sonst üblich vom EK ZÜS zurückgezogen wurde. Wo ist das Problem? Der Beschluss formuliert höhere Anforderungen als die TRBS. Und das kann mit (unnötigen) Kosten für die Betreiber verbunden sein. Grundsätzlich dürfen Betreiber davon ausge- hen, dass sie dann die gesetzlichen Forderungen der Betriebssicherheitsverordnung erfüllen, wenn sie eine TRBS anwenden – im Fachjargon nennt man das „Vermutungswirkung“. Welche Regelung muss also im Moment bei ei- ner wiederkehrenden Prüfung angewandt werden: der ZÜS-BA-012 oder die TRBS 3121? Wenn es – wie in diesem Fall – schon eine TRBSmit entsprechenden Regeln gibt, ist die Antwort einfach: Die TRBS 3121 ist verpflichtend und nicht der EK ZÜS Beschluss. ULRIKE LOTZE Haben Sie dann immer noch keinen Notruf, erhält in den meisten Bundesländern die Auf- sichtsbehörde automatisch eine Nachricht. Sie kann dann ein Bußgeld gegen Sie verhän- gen und den Aufzug abschalten. Übrigens: Das Regelbußgeld beträgt nach dem Bußgeldkatalog 2.000 Euro je Aufzug! ⇤ IHR BERND BETREIBER P. S. Ein Zwei-Wege-Kommunikationssystem kann übrigens auch ein schlichtes Telefon, eine Ge- gen- oder Wechselsprechanlage sein – wenn es fest verbaut und an die Notstromversorgung angeschlossen ist. Foto: © Sebastien Decoret/123rf 45 AUFZUGSBETREIBER LIFT OPERATORS
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