LIFTjournal 3/2020

Immer wieder taucht die Frage auf: Wem gehören die Daten, die eine Aufzugsanlage produziert? Rechts­ anwalt Hartmut Hardt erklärt die Rechtslage anhand der Europäischen Datenschutzgrundverordnung und beschreibt, wie eine Lösung aussehen kann. U nsere Rechtsordnung gewährt und garan- tiert in Artikel 14, Absatz 1 des Grundge- setzes das Eigentum und seinen staat­ lichen Schutz. Welche Gesetze bestimmen den Inhalt die- ses gewährleisteten Eigentums? Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) legt in Paragraf 903 fest: „Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen.“ Das bedeutet einerseits, dass es zwar Ein- schränkungen geben kann (z. B. durch Verstaat- lichungen in besonderen Krisenzeiten) oder aber durch Entscheidungen des Eigentümers (z. B. durch Vermietung). Andererseits – und das ist der überwiegende Teil der eigentumsrecht- lichen Handhabung – kann der Eigentümer frei mit seinem Eigentum umgehen und damit „nach Belieben“ verfahren. Wem gehören die Daten? Who owns the data? Eigentum kann es geben an Rechten (z. B. gei- stigen Erzeugnissen) oder an Sachen. „Sachen im Sinne des Gesetzes sind körperliche Gegen- stände“ (§ 90 BGB). Die Juristen verbinden aber mit dem Eigentum an Sachen, dass es irgendeine Körperlichkeit der Sache/eine physikalische Ver- körperung geben muss. Keine Sache im Sinne des BGB sind Computerdaten. 1 EIGENTUM AN DATEN Damit sind wir an der Wurzel des Problems an- gelangt. Wem also gehören Daten? Daten sind sicherlich nicht per se geistige Schöpfung, die z. B. nach dem Urheberrecht geschützt wären, sondern nur technische Informationen in elek- tronischer Verfügbarkeit. Da aber auch elektrische Energie als solche keine Sache ist, 2 muss bei der „Produktion von Daten“ bedacht werden, dass es keine gesetzliche Regelung, die ihre eigentumsrechtliche Zuordnung regelt. Es gibt zwar Schutzrechte für Daten im Strafgesetzbuch oder nach dem Urheberrecht. Aber die Daten selbst, die bei der Fernwartung von z. B. Aufzügen anfallen, sind „Freiwild“. TYPISCHE FALLKONSTELLATIONEN Wenn etwa eine Aufzugsanlage Daten produ- ziert, gibt es eine juristische Meinung, die davon ausgeht, dass alles im Zusammenhang mit dem Betrieb der Anlage anfallende Datenmaterial dem Eigentümer der Anlage gehört, weil er alle im Zusammenhang mit dem Betrieb der Anlage anfallenden Kosten trägt. Wird eine externe Aufzugswartungsfirma be- auftragt, könnte sie sich darauf berufen, dass es dem auftraggebenden Eigentümer nicht auf die gewonnenen Daten und deren wartungsbezogene Erfassung und Verwaltung ankommt, sondern auf den sicheren Betrieb und die Verfügbarkeit der Anlage. Deshalb beansprucht möglicherweise das Wartungsunternehmen den „Datenschatz“ für sich. Schließlich wird der Hersteller/Errichter für sich reklamieren dürfen, dass ohne seine Ein- bringungen und sein Wissen es überhaupt nicht oder zumindest nicht in dieser Quantität und Qualität zur Erfassung von Daten kommen würde, er also im Zusammenhang mit der Entwicklung von Produkten von so maßgeblicher Bedeutung ist, dass ihm deshalb die Daten zuzuordnen sind. VERTRAGLICHE GESTALTUNGSMÖGLICHKEITEN Vor dieser Gemengelage muss der Rat der Stunde lauten: Regeln sie es eigenständig durch vernünf- tige Verträge. Ein gescheiter Vertrag muss her! Geregelt werden muss die • Datenerzeugung- und -erfassung, • Datenspeicherung, • Datennutzung und -verarbeitung, • Datenfreigabe und -übernahme • und die Datenverwertung. Ebenso müssen Verabredung getroffen werden, die Fehlverhaltensweisen oder Verstöße mit Strafen belegen und anderen Aspekten, wie z. B. der Geheimhaltung gegenüber Dritten sowie dem Schutz der Daten Rechnung tragen. FAZIT Es ist die Aufgabe der Juristen ihre Kreativität einzubringen, um die Regelung so zu formu- lieren, dass den gegebenen Anforderungen an den Stand der Technik entsprochen wird. Die Rechtsgeschäftslehre muss weiterentwickelt werden, denn Errungenschaften wie die Robo- tik, das Deep Learning, die Künstliche Intelligenz, die autonomen Systeme, die virtuelle Assistenz und besonders die Industrie 4.0 sind nicht mehr Science Fiction, sondern Teil unseres Lebens und somit auch Teil unserer Rechtsordnung.  ⇤ Der Autor ist Rechtsanwalt und Mitglied im Vorstand der VDI Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik. 1 LG Konstanz, NJW 1996, 2662 2 Reichsgericht in Strafsachen, Band 86, Seite 14 Foto: © zhudifeng/123rf LIFT journal  03. 2020 08 PERSPEKTIVEN  PERSPECTIVES

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