Gebaeudehuelle 10/2020

40 gebäudehülle 10.20 fassade fassade wdvs-recycling gebäudehülle: Zurzeit kommen Abfälle aus WDVS für die werkstoffliche Verwertung noch nicht in Frage.Was macht die Aufberei- tung von EPS aus WDVS schwierig? heller: Die EPS-Dämmplatten stellen im WDVS einen Verbund mit mehreren Putz- und Kleberschichten dar. Verfahren zur werkstofflichen Verwertung erfordern im Allgemeinen eine hohe Sortenreinheit der Materialien, machen also eine Tren- nung der einzelnen Stoffe notwendig. Al- lerdings verhindert die rechtliche Einstu- fung des Flammschutzmittels HBCD aktu- ell eine werkstoffliche Verwertung. gebäudehülle: Wie werdenWDVS-Abfäl- le aus Abriss und Sanierung, die HBCD enthal- ten, heute behandelt bzw. entsorgt? heller: Aktuell werden WDVS fast aus- schließlich in Müllverbrennungsanlagen verbrannt. Die Anlagen sind technisch aber nicht für Abfälle wie WDVS ausge- legt. EPS hat einen sehr hohen Heizwert, der Putz einen hohen Aschegehalt. Dies stellt die Betreiber vor Herausforderun- gen, was sich in den hohen Annahmeprei- sen widerspiegelt. gebäudehülle: Welche Rolle spielt das Flammschutzmittel Hexabromcyclodode- can (HBCD), das bis Ende 2014 bei der Her- stellung von EPS-Dämmplatten eingesetzt wurde? heller: HBCD muss als POP-Schadstoff demWirtschaftskreislauf entzogen werden. Dies schließt eine Kreislaufwirtschaft zu- nächst aus. In der Müllverbrennung wird das HBCD zuverlässig zerstört, aber auch das EPS und die anderen WDVS-Bestandtei- le der Kreislaufwirtschaft entzogen. Schafft man es, das HBCD aus dem EPS abzutren- nen, steht einem EPS-Recycling nichts im Wege. gebäudehülle: Derzeit wird im Rah- men der Initiative PolyStyreneLoop, in der sich mehr als 70 Mitglieder aus der Polysty- rol-Hartschaum-Wertschöpfungskette zu- sammengeschlossen haben, eine Industriean- lage erstellt, die eine geschlossene Kreislauf- wirtschaft für Alt-EPS ermöglichen soll. Wie bewerten Sie das dabei eingesetzte CreaSolv® -Verfahren? heller: Wenn PolyStyreneLoop die selbst- gesteckten Ziele erreicht und die Anlage sta- bil läuft, ist das ein Positivbeispiel für funk- tionierende Kreislaufwirtschaft. EPS-Dämm- platten aus dem Flachdach sind, aufgrund der geringen Verunreinigungen, besonders für dieses Verfahren geeignet. Bei WDVS-Abfäl- len müsste das EPS erst durch eine mechani- sche Aufbereitung von den anderen Kompo- nenten abgetrennt werden. gebäudehülle: Sehen Sie mit Blick auf die Erkenntnisse aus der bisherigen Forschung (Ver- brennung in Zementwerken, mechanische Aufbe- reitung) und der oben genannten Branchenlösung einen Favoriten für die Entsorgung bzw. stoffliche Wiederverwertung von EPS aus WDVS? Recycling von EPS aus WDVS in Sichtweite? Zu SChonung von Ressourcen und Umwelt sind Konzepte für die Aufbereitung der bei Sanierung und Abriss anfallenden WDVS-Abfälle mit expandiertem Polystyrol (EPS) gefragt. Im Interview erläutert Niklas Heller, Mitarbeiter der Arbeitsgruppe „Ressourcen“ des IWARU - Institut für Infrastruktur ∙ Wasser ∙ Ressourcen ∙ Umwelt der FH Münster, den Stand der Entwicklungen. heller: Eine stoffliche Verwertung von HBCD-haltigem EPS aus WDVS gelingt nur mit einemVerfahren wie PolyStyreneLoop. Die mechanische Abtrennung von EPS aus WDVS wird sich aber nur lohnen, wenn adäquate Ent- sorgungswege für die sonstigen WDVS-Kom- ponenten existieren. Diese machen häufig rund 90 Prozent der Abfallmasse aus. Zementwerke könnten, nebeneiner energetischenVerwertung vonEPS, auchdiemineralischenKomponenten stofflich verwerten. Ob sich die Trennung wirt- schaftlich lohnt, wird sich zeigen. Aber grund- sätzlich ergänzen sich die Verfahren und stehen nicht in Konkurrenz zueinander. gebäudehülle: Kann man heute schon ab- schätzen, wann es funktionierende Aufberei- tungssysteme in ausreichender Anzahl geben wird, um die zu erwartenden immensen Ab- fallmengen vonWDVS mit EPS aufzubereiten und in denWertstoffkreislauf zurückzuführen? heller: Ein Hindernis ist die aufwändige Logistik, da WDVS-Abfälle dezentral anfal- len und sehr voluminös sind. Im Einzugsge- biet von Verwertungsanlagen, wie PolyStyre- neLoop oder geeigneten Zementwerken, wer- denAufbereitungskapazitäten bei schon beste- henden Entsorgern entstehen. Die notwendige Aufbereitungstechnik dafür ist relativ einfach. Je besser sich eine Logistik für Bauabfälle wie WDVS etabliert, desto flächendeckender könnten solche Abfälle verwertet werden. „Schafft man es, das HBCD aus dem EPS abzutrennen, steht einem EPS-Recycling nichts im Wege.“ Niklas Heller Foto: © Foto+Art Wessels kreislaufführung im fokus Niklas Heller M.Sc. ist wissenschaftlicher Mit- arbeiter der IWARU-Arbeitsgruppe Ressourcen der FH Münster. Ziel seiner Forschungsarbeit ist es, der Kreislaufführung von Baustoffen den Weg zu ebnen. Das IWARU ist Partner des Fo- rums für sicheres Dämmen mit EPS (FSDE), das sich für die sachliche Auseinandersetzung mit EPS als Dämmstoff einsetzt. www.fh-muenster.de/iwaru/ www.mit-sicherheit-eps.de

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