Gebaeudehuelle 10/2020

38 gebäudehülle 10.20 fassade fassade seit jahrzehnten ist expandiertes Polystyrol (EPS) der meistgenutzte Dämmstoff. Laut Angaben des Fachverbandes Wärmedämm-Verbundsysteme, veröf- fentlicht in einer Studie des Fraunhofer IBP, wurden in Deutschland von 1960 bis 2012 insgesamt 900 Mio. m² WDVS verbaut. Davon entfallen 720 Mio. m² auf WDVS mit EPS als Dämmstoff, was einer Masse von über neun Millionen Tonnen entspricht. Dank der langen Haltbar- keit des Dämmstoffs von bis zu 60 Jahren ist die Rück- laufmenge von Altmaterial derzeit noch gering. Doch es dürfte demnächst ein erhöhter Bedarf für die Entsorgung von WDVS anstehen. Für das Jahr 2050 ist von einer Ge- samtabfallmenge anWDVS von rund 500.000 Tonnen im Jahr auszugehen. Die darin enthaltene EPS-Menge von rund 50.000 Tonnen weist ein Volumen von über drei Millionen Kubikmeter auf. einschränkungen in der entsorgung Ein Inhaltsstoff des alten EPS-Dämmstoffes ist das seit den 1960er Jahren zugefügte Flammschutzmittel Hexa- bromcyclododecan ( HBCD), welches seit August 2015 in neuen EPS-Platten verboten ist. Daher werden seit Ende 2014 in Deutschland EPS-Dämmstoffe nur noch mit dem neuen Flammschutzmittel Polymer-FR produ- ziert. Da EPS-Abfälle aus aktuellen Rückbau- und Sanie- rungsmaßnahmen in der Regel noch HBCD-haltig sind, Die künftig steigenden Abfallmengen von Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) erfordern im Sinne der Kreislaufwirtschaft alternative Entsorgungskonzepte. Neue Verwertungsverfahren werden entwickelt, stellen allerdings Anforderungen an die eingesetzten Abfälle. eine Vorkonditionierung der Stoffströme ist erforderlich. ist darauf zu achten, dass diese in geeigneten Verfahren entsorgt werden. Die Entsorgung HBCD-haltiger Abfäl- le wird unter anderem durch die POP-Abfall-Überwa- chungsverordnung geregelt, ohne dass die betroffenen Abfälle als gefährlich eingestuft sind. Gemischt anfallen- de WDVS-Abfälle mit Dämmstoffstärken von z.B. sechs Zentimetern und weniger haben meist einen HBCD-Ge- halt von unter 1.000 mg pro Kilogramm und können ohne Nachweis befördert werden. Bei einem selektiven Rück- bau oder beimAbriss von Systemen mit höherer Dämm- stärke ist dies aber nicht der Fall, so dass die besonderen Anforderungen beachtet werden müssen. Die Abfälle, die aktuell beim Rückbau von Wärme- dämmverbundsystemen anfallen, werden in der Regel in Müllverbrennungsanlagen (MVA) entsorgt. Der Heizwert von Polystyrol liegt allerdings mit 38 MJ/kg weit über dem Heizwert, für den die Anlagen üblicherweise ausgelegt sind (i.d.R. 8 – 12 MJ/kg). Sofern die WDVS-Abfälle als Gesamtsystem verbrannt werden, senken zwar die mas- semäßig überwiegenden Anteile an Putz und Kleber im WDVS-Abfall den Heizwert des Gemisches und sorgen so für einen reibungslosen Prozessablauf, gleichzeitig weisen diese Abfälle dann aber einen unerwünscht hohen Asche- gehalt auf. Vor dem Hintergrund der steigenden Abfall- mengen, den rechtlichen und technischen Anforderun- gen bei der Entsorgung sowie den allgemeinen Zielen der Kreislaufwirtschaft ist es daher notwendig, alterna- tive Entsorgungsstrategien zu entwickeln und etablieren. verwertungsstrategien Schon heute findet eine werkstoffliche Verwertung von sortenreinen und HBCD-freien EPS-Abfällen statt. Da- bei handelt es sich aber um Verschnittabfälle sowie sau- bere Verpackungsabfälle. Abfälle aus demWDVS-Rück- bau kommen für die werkstoffliche Verwertung aktuell noch nicht in Frage. Bei der Verwertung HBCD-haltiger Abfälle muss sichergestellt werden, dass das HBCD dem Kreislauf entzogen wird: Die thermische Verwertung in Müllverbrennungsanlagen ist gemäß Basler Konvention neben der Sonderabfallverbrennung eines von mehreren zulässigen Verfahren, um HBCD zu zerstören. Auch der Einsatz in Drehrohröfen in der Zementindustrie und die Abtrennung des HBCD aus dem EPS mittels Solvolyse sind rechtlich zulässig. Für den letztgenannten Weg soll Zerkleinerung spielt eine Schlüsselrolle Die durch Abriss und Sa- nierung anfallenden Abfälle aus Wärmdämm- verbundsystemen mit EPS werden deutlich steigen. Eine werkstoff- liche Verwertung der Bestandteile ist aktuell noch nicht möglich. Foto: © Günther Hogen Dämmmaterial aus ex- pandiertem Polystyrol (EPS) wird gern verwen- det, denn das leichte Material lässt sich gut verarbeiten, ist kosten- günstig und hat gute Wärmedämmeigen- schaften. Foto: © FSDE / BASF wdvs-recycling

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