Gebaeudehuelle 6-2020
42 gebäudehülle 7/8.20 fassade fassade farbgestaltung am gebäude farbigkeit erzeugt identität, hilft bei der Orientierung und ermöglicht eine einfa- che Strukturierung und Gliederung. Darüber hinaus vermittelt sie einen gesteigerten Qua- litätseindruck. Und weil farbig gestaltete Ge- bäude im Idealfall in einer symbiotischen, na- türlichen Einheit mit gewachsenen Landschaf- ten und Umgebungen stehen, bestimmen sie über unser Unterbewusstsein auch unsere Ge- fühlswelt. Gutes Design sollte sich am Men- schen und seinen Bedürfnissen orientieren und auch den Gegebenheiten der realen Um- gebung Rechnung tragen. Von daher darf De- sign nicht ausschließlich selbst gesetzten Re- geln und Intentionen folgen, sondern muss vor allem die Interessen und Bedürfnisse der Gruppen oder Personen berücksichtigen, de- nen es dienen soll. Dies ist einer der wichtigs- ten Punkte, der häufig bei moderner Planung vernachlässigt wird. Es geht nicht immer da- rum, ein herausragendes Solitär zu erschaffen, vielmehr sollte eine nachhaltige Integration in den Bestand geschaffen werden. Zweckorien- tierung und Funktionalität sindWesensmerk- Bei der Planung von öffentlichen Räumen und Architektur sind wird meist auf zwei Faktoren Wert gelegt: Funktion und Form. Ein ganzheitliches Design schliesst jedoch die dritte Dimension der Planung mit ein - die richtige Farbgebung. Farbplaner Andreas Maier erläutert Aspekte und Auswirkungen farblicher Gebäudegestaltung. male gutenDesigns. Hierin unterscheidet sich auch Design von Kunst. architektur und farbe Früher wurde überwiegend mit natürlichen und regional verfügbaren Baustoffen gebaut. Dadurch ergab sich im Erscheinungsbild der Gebäude eine natürliche Farbigkeit im Ein- klang mit der landschaftlichen Umgebung. In der modernen Architektur ist das in Be- ziehung setzen von Baumaterial und Farbe mit der Umgebung in aller Regel keinThema. Moderne Baumaterialien haben (meist) kei- ne eigene natürliche Farbigkeit, sind in nahe- zu jedem Farbton verfügbar. Dies fördert äs- thetischenWildwuchs, der in vermeintlicher Individualität vor allem in den Neubauvier- teln ländlicher Gemeinden und Kleinstädte zu besichtigen ist. Das Angebot an farbigen Materialien ist verführerisch, führt aber auch zu Unsicherheiten, was Planung und Reali- sierung von Gebäuden angeht. Die Entschei- dung, ob sich ein Bauherr für ein möglichst harmonisches Miteinander von Umgebung und Gebäude oder für radikalen Individua- lismus entscheidet, fällt in der Planungspha- se und hat lang anhaltende Folgen. Gestal- tung im Sinne einer organisch-harmonischen Farbigkeit schafftWerte - in mehrfacher Hin- sicht: Ein ansprechendes Erscheinungsbild fügt sich harmonisch und sensibel in sein Umfeld ein. Farbigkeiten wecken Emotionen, beein- flussen nachweislich das Befinden und fördern die Leistungsbereitschaft. Nicht umsonst set- zenmittlerweile viele Industriebetriebe auf ei- ne freundliche, organische Farbgestaltung, so- wohl inAußenbereichen als auch in Innenräu- men. Die in der Natur vorkommenden Farbig- keiten erscheinen in vielerlei Nuancen. Dies wird bei der Gestaltung genutzt, und so wer- den fein abgestimmte Farbklänge realisiert, die der menschlichenWahrnehmung vertraut sind. Große unifarbige Flächen kommen in der Natur nicht vor, und eine gewisse Klein- teiligkeit hilft, umGebäuden ihre „Kisten- und Klotzhaftigkeit“ zu nehmen und besser in die natürliche Landschaften einzubinden. was muss beachtet werden? Eine Farbplanung findet immer in Abspra- che und demgemeinsamenGesprächmit dem Auftraggeber/Bauherr statt. Welche Zielset- zung hat die Gestaltung des Gebäudes? Was soll nach außen dargestellt werden - „Tarnung oder Betonung“? Welche Vorgaben müssen eingehalten werden? Welche Möglichkeiten gibt es, die eventuell noch nicht angedacht wurden? Und so weiter. Je früher die farbli- che Planung eines Gebäudes in die Gesamtpla- nung einbezogen wird, umso anwendungsori- entierter kann die Farbigkeit inkludiert wer- den. Die beste Möglichkeit zur Einschätzung der Maßnahme ist ein gemeinsamer Vor-Ort- Termin, oder es werden Pläne und/oder Fotos des Objektes herangezogen. Bei dieser ersten Bestandsaufnahme werden auch die verschie- denenMaterialmöglichkeiten besprochen und geprüft. Auf Basis der vorhandenen Gegeben- Die Kraft der Farben nutzen Stadtwerk Tauberfranken, Gestaltung des Neubaus der Gasdruckregelanlage für Bioerdgas in Nieth. Durch Anstrich des Betons wurde eine Verschmel- zung des Gebäudes im Einklang mit der umge- benden Landschaft er- zeugt. Foto: © Andreas Maier
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