Gebaeudehuelle 5-6-2020

80 gebäudehülle 5/6.20 betrieb+praxis betrieb + praxis aus der rechtsprechung mancher bauauftraggeber ignoriert die im Rahmen der Bekämpfung der Aus- breitung des Virus von den Behörden erlas- senenMaßnahmen und fordert den Auftrag- nehmer zur termin-/fristengerechten Leis- tungserbringung auf. Andere Auftraggeber nehmen die aktuelle Situation zum Anlass, unter Hinweis auf die Corona-Krise vertrag- lich nicht vorgesehene Risikoeinbehalte in beachtlicher Höhe zu bilden und/oder Rech- nungen zögerlich oder gar nicht auszuglei- chen. Nachstehend sollen einige Fallkonstel- lationen unter baurechtlichen Gesichtspunk- ten beleuchtet werden, die die Auftragnehmer von VOB-Bauverträgen aktuell beschäftigen. Gibt es Empfehlungen, denen die Auftragneh- merseite entnehmen kann, wie im Rahmen der Corona-Krise bei der Abwicklung von Bauträ- gen konkret vorzugehen ist? Im Rahmen der Entscheidung dazu, wie der Auftragnehmer verfahren sollte, wenn seine Mitarbeiter unter Quarantäne gestellt wer- den oder wenn seine Rechnungen ganz oder teilweise nicht beglichen werden, sind in je- dem Einzelfall einerseits die vertraglichen Grundlagen auszuwerten; andererseits ist die konkrete Situation vor Ort zu berücksichti- gen. Grundsätzlich kann festgehalten wer- den, dass die Ausbreitung des Coronavirus jedenfalls nicht dazu führt, dass die Regula- rien der VOB/B oder des Bürgerlichen Ge- setzbuches (BGB) nicht mehr gelten. Sind im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Coronavirus stehende Beeinträchtigungen des Bauablaufs als „höhere Gewalt“ im Sinne des § 6 Abs. 2 VOB/B anzusehen? Eine belastbare Rechtsprechung betreffend die Ausbreitung des und den Umgang mit dem Coronavirus gibt es aktuell (Stand: Mit- te April 2020) nicht. Derzeit spricht jedoch vieles dafür, dass die Gerichte behördliche Quarantäneanordnungen z.B. gegenüber ei- nem Bauauftragnehmer später als „ höhe- re Gewalt“ oder andere für den Auftragneh- mer „unabwendbare Umstände“ im Sinne des § 6 VOB/B bewerten werden. Im Rahmen Coronavirus-Pandemie setzt VOB/B und BGB nicht außer Kraft Die Ausbreitung des Coronavirus hat in Deutschland – und in anderen Ländern der Welt – seit Januar 2020 in kürzester Zeit zu massiven Beeinträchtigungen, auch des wirtschaftlichen Miteinanders geführt. Dies wirkt sich unter anderem auf die Abwicklung von Bauverträgen aus. des Erlasses des Bundesministeriums des In- nern, für Bau und Heimat vom 23. März 2020 wird klargestellt, dass die Corona-Pandemie grundsätzlich geeignet ist, den Tatbestand der „höheren Gewalt“ im Sinne von § 6 Abs. 2 VOB/B auszulösen. Welche baurechtliche Vorschrift ist besonders zu beachten, wenn die Mitarbeiter des Auf- tragnehmers z.B. im Rahmen der Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes mit einer behörd- lichen Anordnung unter Quarantäne gestellt werden? Werden die Mitarbeiter des Auftragnehmers durch behördliche Anordnung unter Qua- rantäne gestellt und ihnen ein Arbeitsverbot auferlegt, spricht vieles dafür, dass dies später als „höhere Gewalt“ bewertet wird. Der Auf- tragnehmer sollte gegenüber dem Auftrag- geber Behinderung gem. § 6 Abs. 1 VOB/B anzeigen, um seine Rechte zu wahren. Folge einer Behinderungsanzeige ist insbesonde- re die Verlängerung von Ausführungsfristen (§ 6 Abs. 2 VOB/B). Die Maßnahmen zur Eindämmung der Co- rona-Pandemie haben auch für die Unterneh- men der Bauwirtschaft weitreichende Folgen. Auftragnehmer sollten im Falle von Quarantä- ne-Auflagen oder an- derer Coronavirus-be- dingter Einschränkun- gen für die Arbeitsaus- führung prüfen, ob vorsorglich Behinde- rung anzuzeigen ist. Foto: © Vössing

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