Gebaeudehuelle 01-2021

30 gebäudehülle 01.21 fassade die klimatisierung geschlossener Ar- beits-, Aufenthalts- und Lebensräume hat in den Industrieländern einen hohen ge- sellschaftlichen Stellenwert. Ein Mensch verbringt hier durchschnittlich mehr als 80 Prozent seiner Zeit. Ist der Raum schlecht gedämmt, kann er – in Abhängigkeit der Jahreszeit oder auch über den Tag hinweg verteilt – sehr warm oder sehr kalt werden. Für dieses Problem stellen Dämmstoffe heu- te eine wichtige technologische Lösung dar. Sie gestalten Wärmedämmung effizient und halten die Kühllast oder den Heizenergie- bedarf und somit auch die Kosten gering. Da weniger klimaschädliches Kohlendioxid ausgestoßen wird, schonen sie zudem die Umwelt. Dämmung ist ökologisch wie ökonomisch sinnvoll, denn Dämmstoffe sparen deutlich mehr Energie ein, als für deren Herstellung eingesetzt wird. Eine zusätzliche Verbesse- rung der Energiebilanz ist durch den Einsatz biobasierter Rohstoffe möglich. Neue Poten- ziale können zukünftig mit Dämmstoffen er- schlossen werden, die über programmierbare Eigenschaftsprofile verfügen. programmierbare materialien reagieren autark Programmierbare Materialien sind form- und funktionsdynamische Materialien, Ma- terialverbünde oder Oberflächen, deren in- nere Struktur so beschaffen ist, dass sich die Materialeigenschaften und das Verhalten ei- nem Programm folgend reversibel verändern können. Dies wird erreicht, indem die Ant- wort eines Materials auf ein Signal wie bei- spielsweise eine Temperaturänderung fest in die Materialstruktur einprogrammiert ist. Das Antwortverhalten kann dann von au- ßen getriggert werden, so dass sich program- mierbare Materialien automatisch in vorbe- stimmter Weise an sich verändernde Bedin- gungen anpassen. Auch Schaumstoffe aus Formgedächtnis- polymer, z.B. Polyester-Urethan-Harnstoff, können eine solche Aktuatorfunktionalität aufzuweisen. An die Schaumstoffe angren- zende oder darin befindliche Strömungska- näle können in ihrer Dimension aufgrund der Schaltfähigkeit verändert werden. Entspre- chend gut oder schlecht strömt warme oder kalte Luft durch den Schaum oder die Strö- mungskanäle hindurch. Bei welcher Tempe- ratur die reversible Formänderung ausgelöst wird und in welche Richtung sie geschieht, kann durch die Systemauslegung und durch eine thermomechanische Behandlung im Vorfeld festgelegt werden. schäume aus formgedächtnispolymer ändern die form nach temperatur Forscherinnen und Forscher der drei Fraun- hofer-Institute IAP, ICT und IBP entwickeln auf Basis solcher Formgedächtnispolymer- Schäume Dämmstoffe mit programmierba- rem Materialverhalten. „Wir entwickeln au- tarke Dämmstoffsysteme mit einer schaltba- ren Luftdurchlässigkeit. Je nach Temperatur verändert das Dämmmaterial dabei die Form, z.B. den Durchmesser der Strömungskanäle und damit auch den Wärmedurchgang. Bei niedrigen Temperaturen sind die Strömungs- kanäle beispielsweise geschlossen und wei- sen einen Isolationseffekt auf. Beim Erwär- men öffnen sich die Kanäle und werden bes- ser mit Luft durchströmt. Das ist vor allem für Anwendungen in- teressant, bei denen Außentemperaturen stark wechseln. In unserem Projekt haben wir Demonstratoren für Aktorelemente zur Hinterlüftung der Außenfassade eines Ein- Programmierbare Dämmstoffe Neuartige Dämmstoffe aus Formgedächtnispolymeren werden von den Fraunhofer- Instituten für Angewandte Polymerforschung IAP, für Chemische Technologie ICT und für Bauphysik IBP im Rahmen des Fraunhofer Clusters of Excellence Programmable Materials CPM entwickelt und getestet. Die High-Tech-Schäume sollen als funktionale Materialien beispielsweise im Bauwesen Anwendung finden. Die synthetisierten Formgedächtnis- polymere werden auf speziellen Re- aktivschäumanla- gen verarbeitet. Foto: © Fraunhofer IAP

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