Fassade 6/2019
TECHNIK | Fachbeitrag 24 FASSADE 6/2019 Verlauf von Lärmquellen und der Richtung der Einwirkung in Bezug auf das Gebäude gewonnen werden können. Die Lärmkartie- rungen als Datenquelle oder Lärmberech- nungen können in diesem Zusammenhang lediglich Tendenzen aufzeigen. Sie bieten für eine detaillierte akustische Planung aber kaum verwertbare Informationen. Weitere grundlegende Entscheidungen, die im Rahmen der Grundlagenermittlung ge- troffen werden müssen, sind Verortung und Art einer Außenraumnutzung. Es müssen Orte von akustischem Interesse definiert werden. Die geplante Außenraumnutzung mit besonderer akustischer Qualität war bei dieser Projektstudie an der Ostseite (Mess- punkt Ost 2) vorgesehen. Vor-Ort-Messung In den Vor-Ort-Messungen müssen immer mehrere Empfängerpositionen simultan ge- messen werden, um den Einfluss der Fas- sade aus dem Vergleich der Pegel-Zeit-Ver- läufe ablesen zu können. Abbildung 5 zeigt die Messwerte für einen typischen Vorbei- flug. Deutlich sind Unterschiede in den Pe- gel-Zeit-Verläufen für die unterschiedlichen Gebäudeseiten zu erkennen. Die Messun- gen weisen Pegeldifferenzen von ca. 5 dB zwischen Ost- und Westseite auf. Die auf der Westseite gemessenen, flacheren Pegel- verläufe deuten darauf hin, dass das vor- beifliegende Flugzeug über einen längeren Zeitraum hörbar ist. Fassadenentwurf In diesem Schritt werden erste Fassaden- entwürfe erarbeitet, die von einer ebenen, schallharten Fassade abweichende Fassa- dengeometrien und Strukturen bieten. In der hier vorgestellten Studie wurde eine vorgehängte Struktur mit stockwerkshohen, gefalteten Glasflächen vorgeschlagen, die eine größere Nutzfläche generiert, in Teilbe- reichen durch ihre Neigung verschattet und zugleich mit ihrer Geometrie durch Ände- rung der Reflexionsrichtung den Außenbe- reich beruhigen soll. Die akustischen Wirk- samkeit gilt es im Labor am Modell zu über- prüfen. Labormessungen zur Wirksamkeit der Fassadenmodifikationen Da es in den seltensten Fällen möglich sein wird, Fassadenalternativen direkt vor Ort am Gebäude im Maßstab 1:1 zu testen, muss ein Modellverfahren für diesen Schritt eingesetzt werden. Mit der Methode der skalierten akustischen Messung lassen sich Modelle in den Maßstäben 1:10 bis hin zu 1:100 untersuchen. In Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für das Straßenwesen (BAST) wurden die skalierten Messungen in der dortigen Halle für akustische Messtech- nik (HAMT) durchgeführt. Für die skalierte Messung wurden die Dimensionen der Ge- bäude als auch die auftretenden Schallwel- lenlängen mit dem gleichen Maßstabsfaktor skaliert. Der Grundriss und die Anordnung der Mess- punkte der Vor-Ort-Messung dienen als Grundlage für den skalierten Modellaufbau im Messlabor. Bedingt durch die sehr hohen Frequenzen, die für die Messung benö- tigt werden und der Limitie- rung durch den Messraum lässt sich das Verkehrslärm- spektrum nur bis 2.000 Hz abbilden. Für den Maßstab 1:100 wird der Verkehrslärm mit einem Frequenzumfang von 100 Hz bis 2.000 Hz für die Messung auf einen Fre- quenzumfang von 10.000 Hz bis 200.000 Hz skaliert. Die sich bewegende Lärmquel- le wird im Labor durch einen sich bewegen- den Druckluftschallerzeuger oder Hochfre- quenzlautsprecher ersetzt. Durch den Ver- gleich von Messergebnissen der glatten Fassade mit den Messwerten der Fassaden- modifikation lassen sich Aussagen über die Veränderung des Lärmeintrags an den Mes- spunkten feststellen. Das durch eine Geometrieveränderung er- zielbare Potenzial bezüglich des Lärmein- trags im Außenbereich ist für die hier vor- gestellte Fassade in Abbildung 8 dargestellt. Die hier dargestellten Pegeländerungen für die gefaltete Fassadenoberfläche zeigen deutlich die Notwendigkeit auf, immer al- le Messpunkte in Betracht zu ziehen. So re- duziert die gefaltete Fassade an vier Mess- punkten den Außenlärmpegel um bis zu -1.7 dB, aber in zwei Messpunkten erhöht sich der Pegel um bis zu 0,9 dB. Für die Fas- sadenkonstruktion ist es daher zwingend, dass diese individuell auf die Orte mit defi- nierter Außennutzung abgestimmt werden. Der in Abbildung 9 dargestellte Frequenz- verlauf zeigt die Pegeländerung je Fre- quenzband am Messpunkt „Ost 2“. Abbildung 5: Pegel-Zeit-Verläufe der sechs Empfängerpositionen/Messpunkte rund um das Gebäude. Abbildung 6: Gefaltete Fassade als Studie zur energetischen Sanierung. Abbildung 7: Messanordnung einer skalierte Messung in der Halle für akustische Messtechnik / BAST. Abbildung 8: Im Labor bestimmte Pegeländerungen bezogen auf die Messpunkte. Die größte Pegelreduzierung wird am Messpunkt „Ost 2“ erreicht.
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjU0Mjk=